Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , ,

Winternacht

Von

Verschneit liegt rings die ganze Welt,
ich hab‘ nichts, was mich freuet,
verlassen steht der Baum im Feld,
hat längst sein Laub verstreust.

Der Wind nur geht bei stiller Nacht
und rüttelt an dem Baume,
da rührt er seinen Wipfel sacht
und redet wie im Traume.

Er träumt von künft’ger Frühlingszeit,
von Grün und Quellenrauschen,
wo er im neuen Blütenkleid
zu Gottes Lob wird rauschen.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Winternacht von Joseph von Eichendorff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Winternacht“ von Joseph von Eichendorff stellt eine Atmosphäre der Einsamkeit und Trauer dar, die durch die winterliche Szenerie verstärkt wird. Zu Beginn beschreibt der Sprecher eine verschneite, menschenleere Welt, in der er sich selbst „nichts“ findet, was ihn erfreuen könnte. Der Baum im Feld, der „verlassen“ steht und „sein Laub verstreut“ hat, ist ein starkes Symbol für den Verlust und die Vergänglichkeit. Der Winter, als Jahreszeit der Kälte und des Rückzugs, steht hier als Metapher für eine Zeit der inneren Leere und der Verzweiflung.

Die Stille der Nacht wird nur durch den Wind unterbrochen, der an dem Baum rüttelt und dessen Wipfel „sacht“ bewegt. Dieser Wind, der an den Baum „rüttelt“, kann als Symbol für die äußeren Umstände des Lebens verstanden werden, die die innere Ruhe des Sprechers stören. Doch gleichzeitig gibt es eine fast poetische Qualität in der Bewegung des Baumes, der „wie im Traume“ reagiert. Die Personifikation des Baumes, der von der Zukunft träumt, bringt eine Dimension der Hoffnung und des Aufbruchs in das Gedicht. Trotz der Kälte und Leere des Winters gibt es eine leise, aber entschlossene Vorstellung von einer besseren Zeit, die noch kommen wird.

In der letzten Strophe stellt sich der Baum vor, wie er in der „künft’ger Frühlingszeit“ erblüht und seine „neuen Blütenkleid“ trägt. Er träumt von der Erneuerung und dem Leben, das mit dem Frühling zurückkehren wird. Der Baum wird hier zu einem Symbol für den menschlichen Wunsch nach Erneuerung und Hoffnung, auch in Zeiten der Dunkelheit. Der „Grün“ und das „Quellenrauschen“ des Frühlings stehen für das Leben und das Wachstum, das dem Winter als Dunkelheit und Trostlosigkeit gegenübersteht. Die Vorstellung, dass der Baum „zu Gottes Lob wird rauschen“, fügt dem Gedicht eine spirituelle Dimension hinzu, indem sie die Hoffnung auf eine höhere, göttliche Ordnung inmitten des menschlichen Leidens und der Jahreszeiten des Lebens vermittelt.

Eichendorff gelingt es, in diesem Gedicht die Themen der Vergänglichkeit, des inneren Leids und der Hoffnung auf Erneuerung zu verbinden. Die Winterlandschaft dient als Kulisse für eine tiefere Reflexion über das Leben, das immer wieder von dunklen, kalten Phasen durchzogen ist, aber immer auch von der Möglichkeit einer Wiederbelebung, einer Rückkehr zu Licht und Wärme.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.