Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , , , , ,

Waldgespräch

Von

„Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Was reitst du einsam durch den Wald?
Der Wald ist lang, du bist allein,
Du schöne Braut! Ich führ dich heim!“

„Groß ist der Männer Trug und List,
Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist,
Wohl irrt das Waldhorn her und hin,
O flieh! Du weißt nicht, wer ich bin.“

So reich geschmückt ist Roß und Weib,
So wunderschön der junge Leib,
„Jetzt kenn ich dich – Gott steh mir bei!
Du bist die Hexe Lorelei.“

„Du kennst mich wohl – von hohem Stein
Schaut still mein Schloß tief in den Rhein.
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Kommst nimmermehr aus diesem Wald!“

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Waldgespräch von Joseph von Eichendorff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Waldgespräch“ von Joseph von Eichendorff verbindet Elemente der Romantik mit einer düsteren Balladenstimmung und thematisiert die gefährliche Begegnung eines Reiters mit der sagenhaften Gestalt der Lorelei. Der Dialog zwischen dem Reiter und der geheimnisvollen Frau im Wald entfaltet eine bedrohliche Atmosphäre, die zwischen Verlockung und Unheil schwankt.

Zunächst wirkt die Szene wie eine romantische Einladung: Der Reiter bietet der „schönen Braut“ an, sie heimzuführen. Doch die Warnung der Frau, die von „Trug und List“ der Männer spricht und den Hörer auffordert zu fliehen, deutet bereits auf die drohende Gefahr hin. Die doppelte Bedeutung der Figur wird durch das unheimliche „Irren“ des Waldhorns im Hintergrund verstärkt – ein Symbol für Verirrung und Verhängnis.

Als der Reiter erkennt, dass es sich um die Lorelei handelt, kippt die Situation endgültig ins Unheilvolle. Die Lorelei, bekannt aus der Rhein-Sage, steht für die tödliche Verführerin, die Männer ins Verderben lockt. Ihre Erwähnung von ihrem „Schloß“ am Rhein und der wiederholte Hinweis auf die Kälte und Dunkelheit des Waldes deuten auf die Ausweglosigkeit der Situation hin: Der Reiter ist verloren.

Eichendorff nutzt die romantischen Motive von Nacht, Wald und Einsamkeit, um eine mystische Spannung aufzubauen. Das Gedicht verhandelt klassische Themen der Romantik wie die Verlockung des Geheimnisvollen und die Bedrohung durch das Übersinnliche. „Waldgespräch“ endet in einer dunklen Vorahnung des Todes, ohne explizit auszusprechen, was dem Reiter geschieht – gerade diese Andeutung verstärkt die unheilvolle Wirkung des Gedichts.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.