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Trinken und Singen

Von

Viel Essen macht viel breiter
Und hilft zum Himmel nicht,
Es kracht die Himmelsleiter,

Kommt so ein schwerer Wicht.
Das Trinken ist gescheiter,
Das schmeckt schon nach Idee,
Da braucht man keine Leiter,
Das geht gleich in die Höh.

Chor

Da braucht man keine Leiter,
Das geht gleich in die Höh.

Viel Reden ist manierlich:
„Wohlauf?“ – Ein wenig flau. –
„Das Wetter ist spazierlich.“
Was macht die liebe Frau? –
„Ich danke“ – und so weiter,
Und breiter als ein See
Das Singen ist gescheiter,
Das geht gleich in die Höh.

Chor

Das Singen ist gescheiter,
Das geht gleich in die Höh.

Die Fisch und Musikanten
Die trinken beide frisch,
Die Wein, die andern Wasser –
Drum hat der dumme Fisch
Statt Flügel Flederwische
Und liegt elend im See –
Doch wir sind keine Fische,
Das geht gleich in die Höh.

Chor

Doch wir sind keine Fische,
Das geht gleich in die Höh.

Ja, Trinken frisch und Singen
Das bricht durch alles Weh,
Das sind zwei gute Schwingen,
Gemeine Welt, ade!
Du Erd mit deinem Plunder,
Ihr Fische samt der See,
’s geht alles, alles unter,
Wir aber in die Höh!

Chor

’s geht alles, alles unter,
Wir aber in die Höh!

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Gedicht: Trinken und Singen von Joseph von Eichendorff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Trinken und Singen“ von Joseph von Eichendorff setzt sich auf humorvolle und ironische Weise mit der Idee auseinander, dass bestimmte Vergnügungen im Leben einen höheren Wert haben als das Streben nach materiellen oder gesellschaftlichen Zielen. Der Sprecher beginnt mit der Feststellung, dass zu viel Essen nur zu körperlicher Schwere führt, ohne geistige oder spirituelle Vorteile. Das Bild der „Himmelsleiter“, die durch den „schweren Wicht“ zum Einsturz gebracht wird, verweist auf die Idee, dass der Körper durch Übermaß an Nahrung in seiner spirituellen Entwicklung behindert wird.

Dem gegenüber stellt der Sprecher das Trinken und Singen als weitaus sinnvoller dar. Das Trinken wird hier nicht als bloßes Konsumieren von Alkohol, sondern als eine symbolische Handlung für die „Idee“ und Inspiration dargestellt, die der Mensch durch Genuss und Geselligkeit erfahren kann. Das „Singen“ wird dabei als eine Form der geistigen Erhebung beschrieben, die „gleich in die Höh“ führt – eine Metapher für den spirituellen oder emotionalen Aufstieg, der ohne körperliche Lasten und äußere Hindernisse erfolgt. Der ständige Refrain „Das geht gleich in die Höh“ betont die Leichtigkeit und Unbeschwertheit dieses Weges.

Die humorvolle Absurdität, mit der Eichendorff das Gedicht anreichert, wird besonders deutlich im Vergleich zwischen den „Fischen“ und den Menschen. Die Fische, die in der Welt des Wassers leben und auf ihre Instinkte vertrauen, werden von „Musikanten“, die trinken und singen, abgehängt. Der „dumme Fisch“, der „statt Flügel Flederwische“ trägt, steht symbolisch für den Menschen, der sich an materiellen Werten orientiert und dadurch in der „See“ der Welt des Irdischen festhängt. Im Gegensatz dazu sind die Menschen, die trinken und singen, in der Lage, sich geistig zu erheben und „in die Höh“ zu gehen.

Am Ende des Gedichts schlägt Eichendorff einen geradezu anarchischen Ton an, indem er die Welt mit ihren materiellen und geistigen Plunderobjekten zurückweist. Das Trinken und Singen wird als das wahre Mittel der Befreiung präsentiert, das „durch alles Weh“ hindurchgeht und den Menschen von den Lasten des Lebens befreit. Die endgültige Botschaft ist eine Form der Befreiung von weltlichen Sorgen und das Streben nach geistiger oder kreativer Erhebung – eine Einladung, sich von den schweren, weltlichen Ketten zu lösen und zu einer höheren, leichteren Existenz aufzubrechen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.