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Vorgefühl

Von

Noch ruht die Macht in Deinen lieben Händen,
Des Herzens wildes Toben einzudämmen,
Des Zweifels Bohren kinderleicht zu hemmen –
Und Sehnsuchtsqualen, dunkle, zu beenden.

Ich aber fühle schon die Stunde kommen,
Wo machtlos wird Dein liebevolles Mühen,
Wo für des Herzens wild und wildres Glühen
Kein sittigsanfter Händedruck will frommen.

Ich würde längst in jener Stunde Ahnen
Für immerdar von Dir die Schritte wenden
Und wieder wandern windumbrauste Bahnen,

Fänd‘ ich die Kraft zu lösen und zu enden,
Und würde nicht mein Herz beständig mahnen,
Daß Dich verlassen heißt: den Tod Dir senden.

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Gedicht: Vorgefühl von Felix Dörmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Vorgefühl“ von Felix Dörmann thematisiert eine düstere Vorahnung des Scheiterns einer Liebe, die sich noch im Zustand der Zuneigung und gegenseitigen Zärtlichkeit befindet. Das lyrische Ich spürt die nahende Unvermeidbarkeit einer Trennung, obwohl die geliebte Person noch die Kraft hat, die inneren Konflikte und das „Toben“ des Herzens zu besänftigen.

In der ersten Strophe steht das Bild der geliebten Person im Vordergrund, die mit „liebevollen Händen“ das Chaos im Inneren des lyrischen Ichs zu ordnen vermag. Doch die Vorstellung von „Sehnsuchtsqualen“ und „Zweifels Bohren“ deutet darauf hin, dass diese emotionale Spannung bereits unterschwellig vorhanden ist und nur noch mühsam zurückgehalten wird.

Der Wendepunkt zeigt sich in der zweiten Strophe: Das lyrische Ich fühlt die „Stunde kommen“, in der selbst diese sanfte Macht der Geliebten nicht mehr ausreichen wird, um den inneren Aufruhr zu bändigen. Die Natur des „wild und wildres Glühens“ beschreibt eine Leidenschaft, die sich gegen die beruhigende Wirkung der Zuneigung auflehnt und immer unkontrollierbarer wird.

Die letzte Strophe bringt die tragische Erkenntnis: Das lyrische Ich würde die Geliebte verlassen – wenn es nur die Kraft dazu hätte. Doch das Wissen, dass ein Verlassen wie ein „Todesurteil“ für die Geliebte wäre, hält es zurück. Hier schwingt eine bittere Ambivalenz mit: Einerseits die Einsicht, dass der Bruch notwendig wäre, um dem zerstörerischen inneren Sturm zu entkommen, andererseits die Angst, durch die Trennung der Geliebten schweren Schaden zuzufügen. Damit kreist das Gedicht um Schuld, Verantwortung und die Unmöglichkeit, sich aus einem verhängnisvollen Gefühlsgeflecht zu befreien.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.