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Unvertilgbar

Von

Einmal
Ein einziges Mal nur
Möcht‘ ich mich ganz vergessen
In Deinen Armen,
Möcht‘ ich bewußtlos trunken sein.
Aber ach,
Mag den zerfallenden,
Siechgefolterten Leib
Peitschen, schütteln, zusammenwinden
Höchste Wollust,
Immer noch, immer noch
Kann ich denken,
Kann ich mich selbst zerfasern,
Regt sich noch
Mein verfluchtes,
Elendes Ich!

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Gedicht: Unvertilgbar von Felix Dörmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Unvertilgbar“ von Felix Dörmann ist ein leidenschaftlicher, verzweifelter Ausdruck existenziellen Begehrens nach Selbstauflösung in der Ekstase der Liebe – und zugleich ein bitteres Eingeständnis des Scheiterns genau dieses Wunsches. Im Zentrum steht das lyrische Ich, das sich ein einziges Mal völlige Selbstvergessenheit erhofft, doch unfähig bleibt, aus seinem Bewusstsein und seiner inneren Zerrissenheit zu entkommen.

Bereits der erste Vers „Einmal / Ein einziges Mal nur“ bringt das Drängen nach einem Ausnahmezustand zum Ausdruck – nach einem Moment, in dem die Grenzen des Selbst aufgehoben werden. In der Umarmung des geliebten Menschen will das Ich nicht mehr denken, sondern „bewußtlos trunken“ sein. Diese Formulierung verbindet erotische Ekstase mit dem Wunsch nach Auflösung des Ich-Bewusstseins – ein klassisches Motiv der dekadenten Literatur um 1900.

Doch dieser Wunsch scheitert: Trotz „höchster Wollust“ bleibt das Denken aktiv. Der Körper kann zittern, leiden, begehren – aber das Ich bleibt als zersetzende Instanz bestehen. Es „zerfasert“ sich, bleibt „regend“ und unerlöst. Die Sprache steigert sich in ihrer Bildlichkeit und Härte: „zerfallend“, „siechgefoltert“, „verfluchtes Ich“. Der innere Konflikt ist körperlich spürbar, fast schmerzhaft.

Dörmanns Gedicht ist Ausdruck einer tiefen existenziellen Zerrissenheit. Das Verlangen nach Verschmelzung, nach dem Rausch jenseits des Selbst, kollidiert mit einem Bewusstsein, das sich selbst nicht entkommen kann. In dieser Spannung zwischen Sehnsucht und Ich-Zwang zeigt sich ein moderner, fast psychologisch geprägter Blick auf das menschliche Innenleben – ein Blick, der mit schmerzhafter Klarheit die Grenzen der Lust und die Unerbittlichkeit des Selbst offenlegt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.