Und meine Seele
Und meine Seele
Trat vor mich hin
In kothbesudeltem Purpurgewande
Und sah mich an,
Todestraurig,
Mit schwimmenden Augen…
Und klagend klangen die Worte:
Siegt die Gemeinheit?,
Siegt die Noth des Daseins?
Muss ich sterben?
Und ich nickte,
Langsam,
Wortlos-ergeben,
Dreimal.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Und meine Seele“ von Felix Dörmann schildert eine existenzielle Konfrontation des lyrischen Ichs mit der eigenen, vom Leben geschändeten Seele. Die Szene wirkt wie eine visionäre oder traumartige Selbsterkenntnis, in der die Seele als eigenständige Figur erscheint, gekleidet in ein „kothbesudeltes Purpurgewande“. Die einstige Würde und Erhabenheit, symbolisiert durch das Purpur, ist vom Schmutz des Lebens gezeichnet – ein klares Bild für die innere Beschmutzung und Erniedrigung.
Die Seele wirkt „todestraurig“ und erschöpft, ihre „schwimmenden Augen“ spiegeln emotionale Zerrissenheit und Verzweiflung wider. In den klagenden Worten der Seele schwingt die Frage nach dem Scheitern an der Welt mit: „Siegt die Gemeinheit?“ und „Siegt die Noth des Daseins?“ Diese Fragen drücken die Hoffnungslosigkeit angesichts einer Welt aus, die von Niedrigkeit und existenzieller Härte geprägt ist. Auch die letzte Frage „Muss ich sterben?“ deutet auf eine finale Resignation und einen seelischen Zusammenbruch hin.
Die Reaktion des lyrischen Ichs verstärkt diese Stimmung der Ausweglosigkeit: Es antwortet nicht mit Worten, sondern mit dreimaligem, langsamen Nicken – ein Akt der stummen Zustimmung und Ergebung. Die Resignation ist damit vollständig, die Hoffnung auf Rettung oder Widerstand scheint erloschen.
Insgesamt drückt das Gedicht eine tiefe existenzielle Müdigkeit und einen Bruch mit der Welt aus. Die Konfrontation mit der eigenen geschändeten Seele steht sinnbildlich für den Verlust von Reinheit, Idealen und innerer Kraft in einer als niederträchtig empfundenen Wirklichkeit. Dörmann verleiht der inneren Verzweiflung eine starke symbolistische Bildsprache, die das Seelenbild zu einer klagenden, gebrochenen Gestalt werden lässt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.