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Umsonst

Von

Im sausenden Wettersturm,
Barhäuptig,
Bin ich hinangeklettert
An nebeltriefenden,
Feuchten Felsen,
Hinein in schauerliche Klüfte,
In des Hochgebirges
Grauenhafteste Einsamkeit
Hab‘ ich meiner Seele
Schäumenden Zorn,
Alle verbissenen,
Langverheuchelten Qualen gerufen;
Angeklammert an zackige Felsenbrüche,
Überhängend halb
Über den Abgrund,
Hab‘ ich todeslüstern
Hinunter gestarrt –
Und doch nicht Mut gefunden,
Loszulassen.
In starrendes Zwerggestrüpp
Schlug ich die fiebernde Stirn
Und vergrub meine Zähne
In knorrigem Wurzelwerk.
Aber weder der Schmerz, noch der Zorn,
Weder die Scham, noch die Reue
Tilgte meiner Gedanken
Krankhaft verzerrte,
Faulige Brut.

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Gedicht: Umsonst von Felix Dörmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Umsonst“ von Felix Dörmann schildert einen dramatischen inneren und äußeren Kampf des lyrischen Ichs an der Grenze zwischen Leben und Tod. In einer wilden, von Naturgewalten geprägten Szenerie sucht das Ich einen Ausweg aus seinem seelischen Leiden, indem es sich in eine bedrohliche Hochgebirgslandschaft begibt – ein Ort, der als Spiegel für den inneren Zustand dient.

Der Aufstieg „barhäuptig“ im „sausenden Wettersturm“ und das Klettern „an nebeltriefenden, feuchten Felsen“ symbolisieren den verzweifelten Versuch, sich der zerstörerischen Kraft des eigenen Zorns und der unterdrückten Qualen zu stellen. Die „schauerlichen Klüfte“ und die „grauenhafteste Einsamkeit“ des Hochgebirges spiegeln dabei die emotionale Ausweglosigkeit und innere Zerrissenheit wider. Die Natur wird zum Schauplatz eines existenziellen Kampfes, der den Selbstmord als Möglichkeit ins Spiel bringt.

Besonders eindringlich ist die Szene, in der das lyrische Ich „todeslüstern“ über den Abgrund starrt, den entscheidenden Schritt jedoch nicht wagt. Dieses Zögern – der fehlende Mut „loszulassen“ – lässt den Moment in tragischer Spannung verharren. Das Festbeißen in „knorrigem Wurzelwerk“ und das Schlagen der Stirn ins „Zwerggestrüpp“ betonen den körperlichen Ausdruck eines inneren Zusammenbruchs.

Trotz all dieser extremen Handlungen bleibt das Seelenleid unbewältigt: „weder der Schmerz, noch der Zorn“ vermögen die „krankhaft verzerrte, faulige Brut“ der Gedanken auszulöschen. So endet das Gedicht in der bitteren Erkenntnis der Unveränderlichkeit des inneren Zustands. Die destruktiven Gefühle und Gedanken lassen sich nicht durch äußere Gewalt oder Selbstzerstörung tilgen – der Kampf bleibt letztlich „umsonst“. Das Gedicht ist ein intensives Beispiel für die Beschäftigung mit Themen wie Verzweiflung, Selbsthass und der Unfähigkeit zur Erlösung.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.