Noch einmal, eh‘ die große Nacht
Erdrückend mich umfängt,
Hat eines Auges Sonnenpracht
Mir einen Blick geschenkt.
Es traf ein lichter Funkenstrahl
Mein Dornendiadem,
Ich möchte gern ein letztesmal
Noch beten! – doch zu wem?
Noch einmal, eh‘ die große Nacht
Erdrückend mich umfängt,
Hat eines Auges Sonnenpracht
Mir einen Blick geschenkt.
Es traf ein lichter Funkenstrahl
Mein Dornendiadem,
Ich möchte gern ein letztesmal
Noch beten! – doch zu wem?
Das Gedicht „Noch einmal“ von Felix Dörmann vermittelt eine Atmosphäre der Dringlichkeit und des Abschieds. Der Sprecher beschreibt einen letzten Moment vor dem Einbruch der „großen Nacht“, die eine symbolische Darstellung des Todes oder des unaufhaltsamen Vergehens der Zeit darstellt. Die „Sonnenpracht“ des „eines Auges“ steht für einen letzten, hellen Augenblick der Klarheit oder Schönheit, der dem Sprecher gewährt wird, bevor er von der Dunkelheit umfangen wird. Dieser „Blick“ symbolisiert ein kurzes Aufblitzen von Hoffnung oder Erleuchtung, das vor dem Ende aufleuchtet.
In der zweiten Strophe wird das Bild des „Dornendiadems“ verwendet, um den Schmerz und die Belastungen des Sprechers zu verdeutlichen. Das Diadem aus Dornen könnte für die Leiden und Herausforderungen stehen, die das Leben des Sprechers geprägt haben. Doch der „lichte Funkenstrahl“ trifft dieses Diadem, was eine Art von Erlösung oder Trost inmitten des Leidens andeutet. Der Funkenstrahl könnte als Symbol für eine letzte Möglichkeit der Erhebung oder des Verständnisses betrachtet werden, die dem Sprecher gewährt wird, bevor er die Dunkelheit betritt.
Das letzte Bild des Gedichts, in dem der Sprecher noch „beten“ möchte, aber unschlüssig ist, „zu wem“, verstärkt das Gefühl der Verzweiflung und des inneren Konflikts. Der Wunsch zu beten – ein Akt der Bitte oder der Hoffnung – bleibt unerfüllt, da der Sprecher nicht mehr weiß, an wen er sich wenden soll. Dies könnte darauf hindeuten, dass er sich in einem Zustand der Entfremdung oder Verzweiflung befindet, in dem selbst der Glaube oder das Vertrauen in höhere Mächte ins Wanken geraten ist.
Insgesamt vermittelt das Gedicht eine tiefe existenzielle Unsicherheit und das Bewusstsein des nahenden Endes. Der letzte Funken Hoffnung, das letzte Streben nach Erlösung und das damit verbundene Gefühl der Orientierungslosigkeit im Angesicht des Unvermeidlichen machen das Gedicht zu einem kraftvollen und nachdenklich stimmenden Ausdruck menschlicher Endlichkeit und der Suche nach Bedeutung in den letzten Momenten.
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