Bekenntnis
Ich habe zerwühlt und zerbissen
Mein Kissen
In ächzenden Qualen der Nacht,
Am Tage dann Witze gerissen,
Das Gewissen
Betäubt und die Schmerzen verlacht.
Ich träumte von Lilienstirnen,
Von dunkler Augen Gewalt,
Und umgab mich mit Bestiengehirnen
Und umkrampfte der wüstesten Dirnen
Lusttolle Gestalt.
Ich schien ein Apostel des Lebens
In der Fäulnis betörendem Schein
Und spottete jeglichen Strebens,
Weil ich selber gerungen vergebens,
Um „Etwas“ zu sein.
Ich sprach von Göttergenüssen,
Von Küssen,
Von schwellender Glieder Pracht,
Von Freude und Glücklichsein-müssen,
Zerrissen
Von ächzenden Qualen der Nacht.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Bekenntnis“ von Felix Dörmann beschreibt die innere Zerrissenheit des lyrischen Ichs und den scharfen Gegensatz zwischen äußerem Auftreten und innerer Qual. Der Sprecher beginnt mit der Beschreibung einer quälenden Nacht, in der er sein Kissen zerwühlt und zerbeißt – ein Bild für den inneren Schmerz und die Qual, die er zu verbergen versucht. Am Tag dagegen spielt er eine Rolle, indem er Witze reißt und sein Gewissen betäubt, um seine tiefen Ängste und Leiden zu verbergen.
Das Bild der „Lilienstirnen“ und „dunkler Augen Gewalt“ im Traum des Ichs verweist auf eine ambivalente Mischung aus Schönheit und Gefahr, während die „Bestiengehirne“ und „wüstesten Dirnen“ für seine chaotischen, destruktiven Neigungen stehen. Diese Visionen spiegeln die innere Zerissenheit des Sprechers wider, der zwischen gegensätzlichen Trieben hin- und hergerissen ist. Die „Lusttolle Gestalt“ steht als Symbol für die Verlockung der sinnlichen Vergnügungen, die ihn in den Abgrund zu ziehen drohen.
Der Sprecher beschreibt sich selbst als einen „Apostel des Lebens“, der in einem betörenden Schein lebt, der jedoch von Fäulnis durchzogen ist. Dies weist auf die Leere und die Vergeblichkeit seiner Existenz hin – er strebt nach „Etwas“ zu sein, aber erkennt, dass sein Streben letztlich vergeblich ist. Die Verachtung gegenüber jeglichem „Streben“ deutet darauf hin, dass der Sprecher die Sinnlosigkeit des Lebens erkannt hat und sich in einem Zustand der Resignation befindet.
Am Ende des Gedichts wird der Gegensatz zwischen den Idealen von Freude, Glück und der Zerrissenheit des Ichs erneut hervorgehoben, indem die „Freude und Glücklichsein-müssen“ als falsche, unerreichbare Ziele erscheinen, die der Sprecher nur durch die schmerzhafte Wiederholung seiner inneren Qualen im nächtlichen Zustand durchbrechen kann. Das Gedicht ist ein eindrucksvolles Bekenntnis der inneren Zerrissenheit zwischen äußeren Masken und den dunklen, quälenden Gedanken, die den Sprecher beherrschen.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.