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Am Kamin

Von

Im Ofen knistert lustig laut das Feuer,
Phantastisch zucken Lichter hin und her,
Ins Spiel der Flammen starrt‘ ich, weltvergessen,
Mich überflutet der Gedanken Meer.

Vorüber zogen meiner Kindheit Tage,
So freud- und freundlos, wie bei Andern kaum,
Ein stumpfergebnes Tragen und Entsagen,
Kein sorgenloser, sonnenheller Traum – –

Und halbzerdrückt sich von den Wimpern löste
Wohl eine Träne nach der andern leis‘,
Weiß nicht, ob Zornes- oder Sehnsuchtstränen –
Doch bitter waren sie und brennend heiß.

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Gedicht: Am Kamin von Felix Dörmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Am Kamin“ von Felix Dörmann fängt eine Momentaufnahme des Nachdenkens und der Erinnerung ein, die der Sprecher beim Sitzen vor dem Feuer erlebt. Das knisternde Feuer wird dabei zum Symbol für das innere Leben des Sprechers, das durch flimmernde Gedanken und Erinnerungen erleuchtet wird. Die „phantastisch zuckenden Lichter“ der Flammen repräsentieren die unruhigen, wechselhaften Gedanken, die in ihm aufsteigen, während er sich „weltvergessen“ in die Betrachtung des Feuers vertieft.

Die Rückschau auf die Kindheit im zweiten Vers ist von einer tiefen Traurigkeit geprägt. Die Tage der Kindheit erscheinen dem Sprecher „freud- und freundlos“, was auf eine emotionale Leere und Entbehrung hinweist, die mit der Erinnerung verbunden ist. Diese Kindheit war weder sorglos noch von Glückseligkeit geprägt, sondern vielmehr von einem „stumpfergebnen Tragen und Entsagen“, was den Mangel an Freude und Erfüllung in dieser Zeit verdeutlicht. Die Kindheit wird als ein düsterer Abschnitt des Lebens dargestellt, der weit entfernt ist von der unbeschwerten Vorstellung eines glücklichen Aufwachsens.

Der Gedichtsmittelpunkt liegt in der letzten Strophe, wo der Sprecher von Tränen spricht, die sich „halbzerdrückt“ von seinen Wimpern lösen. Diese Tränen sind nicht eindeutig einzuordnen – ob sie Zornes- oder Sehnsuchtstränen sind, bleibt unklar. Diese Ambivalenz verweist auf die komplexen und widersprüchlichen Gefühle, die in ihm während des Nachdenkens aufsteigen. Die „bitteren“ und „brennend heißen“ Tränen symbolisieren das schmerzhafte Erleben und die emotionale Tiefe dieser Erinnerungen.

Das Gedicht zeichnet ein Bild von innerer Zerrissenheit, das durch die Kontraste zwischen den „phantastischen“ Lichtern des Feuers und der tristen Erinnerung an die Kindheit erzeugt wird. Das Feuer und die Tränen stehen als Symbole für die emotionale Intensität des Nachdenkens, das den Sprecher in einen Zustand der Melancholie und der Sehnsucht führt. Es ist ein Gedicht, das die Unfähigkeit, sich von der Vergangenheit zu lösen, und die schmerzliche Auseinandersetzung mit einer nicht erfüllten Kindheit thematisiert.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.