Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , ,

Der Vogel

Von

Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,
Er flattert sehr und kann nicht heim.
Ein schwarzer Kater schleicht herzu,
Die Krallen scharf, die Augen gluh.
Am Baum hinauf und immer höher
Kommt er dem armen Vogel näher.

Der Vogel denkt: Weil das so ist
Und weil mich doch der Kater frisst,
So will ich keine Zeit verlieren,
Will noch ein wenig quinquilieren
Und lustig pfeifen wie zuvor.
Der Vogel, scheint mir, hat Humor.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Vogel von Wilhelm Busch

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Vogel“ von Wilhelm Busch beschreibt eine humorvolle und zugleich dramatische Szene, in der ein Vogel in einer ausweglosen Lage versucht, sich durch Humor und Unbeschwertheit zu retten. Zu Beginn des Gedichts wird die hilflose Situation des Vogels skizziert: Er sitzt auf Leim, flattert verzweifelt, aber kann nicht entkommen. Diese Hilflosigkeit wird durch die drohende Gefahr eines schwarzen Katers noch verstärkt, der sich mit scharfen Krallen und glühenden Augen dem Vogel nähert.

Doch anstatt in Panik zu verfallen oder verzweifelt um sein Leben zu kämpfen, reagiert der Vogel auf eine unerwartete Weise: Er entscheidet sich, „noch ein wenig quinquilieren“ und „lustig pfeifen wie zuvor“. Dieser scheinbare Humor in einer ausweglosen Situation zeigt eine paradoxe Haltung des Vogels, der trotz der nahenden Gefahr seine Lebensfreude nicht aufgibt. Das Wort „quinquilieren“ hebt die Leichtigkeit und Fröhlichkeit des Vogels hervor, der in seiner Verzweiflung die Absurdität des Moments erkennt und sich auf eine Art von Widerstand besinnt.

Der Vogel zeigt mit dieser Haltung eine tiefe Ironie und einen schwarzen Humor, der selbst in der Konfrontation mit dem Tod noch einen Funken Lebenswillen und Witz bewahrt. Busch nutzt diese unerwartete Wendung, um die menschliche Eigenschaft des Humor als eine Art Überlebensstrategie zu illustrieren – auch in extremen, unentrinnbaren Situationen.

Das Gedicht endet mit der Feststellung, dass der Vogel „Humor“ hat, was den Leser zum Nachdenken anregt. Hier wird ein tiefgründiger Kommentar zur Natur des Lebens und des Sterbens abgegeben: Humor als Mittel, die Härte des Lebens und die Bedrohungen des Schicksals mit einer gewissen Leichtigkeit zu begegnen. Die Verbindung von Ernst und Humor macht das Gedicht zugleich tragisch und humorvoll.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.