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Der Maulwurf

Von

In seinem Garten freudevoll
Geht hier ein Gärtner namens Knoll.

Doch seine Freudigkeit vergeht,
Ein Maulwurf wühlt im Pflanzenbeet.

Schnell eilt er fort und holt die Hacke,
Daß er den schwarzen Wühler packe.

Jetzt ist vor allem an der Zeit
Die listige Verschwiegenheit.

Aha! Schon hebt sich was im Beet,
Und Knoll erhebt sein Jagdgerät.

Schwupp! Da – und Knoll verfehlt das Ziel.
Die Hacke trennt sich von dem Stiel.

Das Instrument ist schnell geheilt;
Ein Nagel wird hineingekeilt.

Und wieder steht er ernst und krumm
Und schaut nach keiner Seite um.

Klabumm! – So krieg die Schwerenot! –
Der Nachbar schießt die Spatzen tot.

Doch immerhin und einerlei!
Ein Flintenschuß ist schnell vorbei.

Schon wieder wühlt das Ungetier.
Wart! denkt sich Knoll. Jetzt kommen wir.

Er schwingt die Hacke voller Hast –
Radatsch! – O schöner Birnenast!

Die Hacke ärgert ihn doch sehr,
Drum holt er jetzt den Spaten her.

Nun, Alter, sei gescheit und weise
Und mache leise, leise, leise!

Schnarräng! – Da tönt ihm in das Ohr
Ein Bettelmusikantenchor.

Musik wird oft nicht schön gefunden,
Weil sie stets mit Geräusch verbunden.

Kaum ist’s vorbei mit dem Trara,
So ist der Wühler wieder da.

Schnupp! dringt die Schaufel wie der Blitz
Dem Maulwurf unter seinen Sitz.

Und mit Hurra in einem Bogen
Wird er herauf ans Licht gezogen.

Aujau! Man setzt sich in den Rechen
Voll spitzer Stacheln, welche stechen.

Und Knoll zieht für den Augenblick
Sich schmerzlich in sich selbst zurück.

Schon hat der Maulwurf sich derweil
Ein Loch gescharrt in Angst und Eil.

Doch Knoll, der sich emporgerafft,
Beraubt ihn seiner Lebenskraft.

Da liegt der schwarze Bösewicht
Und wühlte gern und kann doch nicht;
Denn hinderlich, wie überall,
Ist hier der eigne Todesfall.

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Gedicht: Der Maulwurf von Wilhelm Busch

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Maulwurf“ von Wilhelm Busch schildert in humorvoller, erzählender Form den absurden Kleinkrieg zwischen einem Gärtner und einem Tier, das sein gepflegtes Beet verwüstet. Hinter der komischen Handlung verbirgt sich jedoch auch eine feinsinnige Kritik an menschlicher Reizbarkeit, Überreaktion und dem verzweifelten Versuch, Kontrolle über die Natur zu erlangen.

Im Mittelpunkt steht der Gärtner Knoll, der seine Freude am Garten durch das Wühlen eines Maulwurfs empfindlich gestört sieht. Aus der anfänglichen Irritation entwickelt sich ein zunehmend verbissener Kampf, bei dem Knoll mit allerlei Werkzeugen – Hacke, Spaten – gegen den unsichtbaren Gegner vorgeht. Der Maulwurf bleibt dabei lange ungreifbar, während Knoll durch eigene Ungeschicklichkeit (z. B. abgebrochene Hacke, zerstörter Birnenast, Sturz in den Rechen) vor allem sich selbst schadet. Diese komischen Elemente sind typisch für Wilhelm Busch und zeigen, wie Selbstüberschätzung und Übereifer ins Lächerliche kippen können.

Ein weiteres Stilmittel ist die satirische Zuspitzung von äußeren Störungen: Der Nachbar mit der Flinte, der Lärm der Straßenmusikanten – all das steigert die Überforderung des Gärtners, der in seiner Wut und Fixierung auf den Maulwurf zunehmend die Kontrolle verliert. Busch nimmt hier mit feinem Spott die menschliche Neigung aufs Korn, sich in Kleinigkeiten hineinzusteigern und dabei das große Ganze aus den Augen zu verlieren.

Am Ende gelingt Knoll zwar der Fang des Maulwurfs, doch der Sieg hat einen bitteren Beigeschmack: Es ist ein brutaler Triumph über ein hilfloses Tier, das nur seinem Instinkt folgt. Der letzte Vers bringt diese Tragik in Busch-typischer Lakonie auf den Punkt: „Denn hinderlich, wie überall, / Ist hier der eigne Todesfall.“ Diese ironische Schlusspointe unterstreicht die Absurdität des Geschehens und macht deutlich, dass der eigentliche Gegner nicht der Maulwurf war, sondern Knolls eigene Ungeduld, Reizbarkeit und mangelnde Gelassenheit.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.