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Zu einer goldnen Hochzeit

Von

Schweift der Geist zurück in jene Tage
Alter Zeiten, Schönres er nicht findet,
Als das Schicksal, welches eine Sage
Uns von Philemon und Baucis kündet.

Treuerprobt im Glücke und im Leide,
Wuchs ihr Leben so in Eins zusammen,
Dass – damit der Tod sie niemals scheide,
Ließ ein Gott aus ihnen Bäume stammen

Deren Zweige unauflöslich breiten
Sich zum Schattendache, und ein Tempel
Werden vielen Paaren, die voll Freuden
Nehmen dran ein liebendes Exempel.

Und mir deucht, es sei in diesem Paare
Philemon und Baucis neu erstanden –
Silberhell erglänzen ihre Haare,
Golden ihrer Treue feste Banden.

Treuerprobt im Glücke und im Leide,
Wuchs ihr Leben ganz in Eins zusammen,
Doch ein mildrer Gott noch ließ für Beide
Höhre Freude, süßres Glück entstammen.

Noch im Vollgenuss der Lebensfülle,
Frisch am Geiste, frisch des Herzens Triebe,
Feiern sie in edler Menschenhülle
Heut das seltne Jubelfest der Liebe!

Wohl seh ich zwei Bäume sich verschlingen,
Doch nur als Symbol von jener Sage –
Lasst es euch von treuen Freunden bringen,
Die sich mit euch freun an diesem Tage!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Zu einer goldnen Hochzeit von Luise Büchner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Zu einer goldnen Hochzeit“ von Luise Büchner ist eine poetische Würdigung einer fünfzigjährigen Ehe und stellt diese in den mythologischen Zusammenhang der Sage von Philemon und Baucis. Das lyrische Ich zieht Parallelen zwischen dem gefeierten Ehepaar und dem berühmten alten Paar aus der Antike, das für seine Treue und innige Verbundenheit bis in den Tod hinein berühmt ist.

Die erste Strophe leitet mit einer Rückschau ein: Der Geist schweift zurück in vergangene Zeiten und findet darin kein schöneres Schicksal als das von Philemon und Baucis. Diese antike Erzählung dient im Gedicht als Idealbild ehelicher Liebe und Beständigkeit. In der zweiten Strophe wird die Sage zusammengefasst: Das Paar, das im Leben untrennbar war, wird auf göttliche Weise auch im Tod vereint – durch ihre Verwandlung in Bäume.

Im dritten und vierten Abschnitt überträgt das lyrische Ich dieses Ideal auf das heutige Ehepaar. Es erkennt in ihnen eine Art Wiedergeburt der mythischen Gestalten: „Philemon und Baucis neu erstanden“. Dabei wird besonders hervorgehoben, dass ihre Verbindung nicht nur auf Beständigkeit, sondern auch auf innerer Frische und Lebensfreude beruht – ein Unterschied zur Sage, wo der Tod die Vereinigung vollendet. Hier dagegen lässt ein „mildrer Gott“ noch zu Lebzeiten das höchste Glück erblühen.

In der vorletzten Strophe wird die symbolische Verbindung zur Sage nochmals aufgegriffen – zwei sich verschlingende Bäume erscheinen als poetisches Bild für die lebenslange Einheit des Paares, jedoch betont das lyrische Ich zugleich, dass diese Metapher nicht wörtlich, sondern sinnbildlich zu verstehen ist. Die letzte Strophe bringt den Bezug zur Gegenwart: Das Gedicht ist ein Geschenk treuer Freunde, die gemeinsam mit dem Ehepaar das seltene Fest feiern.

Insgesamt ist das Gedicht eine liebevolle, feierliche Hommage an eine langjährige, erfüllte Partnerschaft. Es vereint klassische Motive mit persönlicher Zuneigung und stellt die Verbindung zweier Menschen als wertvollstes Gut dar – getragen von gegenseitiger Liebe, geistiger Frische und beständiger Treue.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.