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Als sie ihr Bildniss schildern sollte

Von

Mein Freund, o! thu dir nicht Gewalt;
Kennst du mich gleich nicht von Gestalt,
Deswegen fasse keine Grillen;
Den Kummer will ich dir bald stillen.
Ich setze schon die Feder an.
Mit dieser wird dir kund gethan:
Du sollst mein Bild in Reimen lesen,
Mein Ansehn und mein ganzes Wesen.
Ich bin nicht klein, ich bin nicht groß,
Ich geh bedeckt und niemals bloß.
Mit aufgeräumten frohen Minen
Such ich der ganzen Welt zu dienen.
Ich bin nicht stark; ich bin nicht schwach;
Mein Fuß ist schnell, kein Ungemach
Setzt meine Seel aus ihren Schranken;
Mein fester Sinn pflegt nicht zu wanken.
Ich liebe Kunst und Wissenschaft
Und lache wenn man sich vergafft.

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Gedicht: Als sie ihr Bildniss schildern sollte von Christiana Mariana von Ziegler

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Als sie ihr Bildniss schildern sollte“ von Christiana Mariana von Ziegler gibt eine humorvolle und selbstbewusste Darstellung der eigenen Person. In der ersten Strophe spricht die Erzählerin ihren Freund an und fordert ihn auf, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, nur weil er sie vielleicht nicht von außen kennt. Sie bittet ihn, sich nicht von äußeren Eindrücken oder Fantasien leiten zu lassen und verspricht, den „Kummer“ zu stillen, den er vielleicht wegen ihrer Unbekanntheit empfindet. Ihr Bild, das sie ihm in Reimen beschreibt, ist eine Einladung, sie auf eine tiefere, geistige Weise zu erfahren.

In der zweiten Strophe gibt die Erzählerin eine detaillierte Beschreibung ihres Aussehens und ihrer Persönlichkeit. Sie stellt klar, dass sie weder besonders klein noch besonders groß ist, was eine Gleichmaßigkeit und Bescheidenheit impliziert. Ihr Verhalten ist „bedeckt und niemals bloß“, was darauf hinweist, dass sie nicht in unangemessener Weise auffällt, sondern mit einer gewissen Zurückhaltung agiert. Trotz dieser Zurückhaltung ist sie voller Energie und strebt danach, der Welt „zu dienen“, was ihre altruistische und hilfsbereite Haltung widerspiegelt. Diese Darstellung zeigt eine Frau, die in ihrer Bescheidenheit und ihrem Engagement für andere eine starke innere Präsenz besitzt.

In der dritten Strophe geht sie weiter auf ihre physische und geistige Verfassung ein. Sie beschreibt sich als weder besonders stark noch schwach, was auf eine Ausgewogenheit und Unauffälligkeit hinweist. Ihr „schneller Fuß“ und die Tatsache, dass „kein Ungemach“ ihre Seele zu bremsen vermag, betonen ihre Entschlossenheit und ihre Unabhängigkeit. Ihre „feste[n] Sinn[e]“ deuten darauf hin, dass sie eine stabile und verlässliche Persönlichkeit ist, die sich nicht leicht aus der Ruhe bringen lässt. Diese Beschreibung ihrer physischen und geistigen Stärke stellt sie als eine Frau dar, die in der Lage ist, Herausforderungen zu begegnen, ohne ihre innere Ausgeglichenheit zu verlieren.

Am Ende des Gedichts beschreibt sie ihre Vorlieben für Kunst und Wissenschaft und ihre Fähigkeit, über die Fehler anderer zu lachen. Dies zeigt ihren Sinn für Humor und ihre geistige Offenheit. Sie ist nicht nur selbstbewusst, sondern auch in der Lage, das Leben mit einer gewissen Leichtigkeit zu betrachten. Die humorvolle Bemerkung „lache wenn man sich vergafft“ deutet auf eine gewisse Gelassenheit und die Fähigkeit hin, über die Schwächen anderer mit Verständnis und einem Augenzwinkern hinwegzusehen.

Insgesamt zeichnet Ziegler in diesem Gedicht ein Bild einer selbstsicheren, ausgeglichenen und humorvollen Frau, die weder in äußerlichen Attributen noch in gesellschaftlichen Normen gefangen ist. Sie hebt sich durch ihre innere Stärke und Weisheit hervor und fordert den Leser auf, sie nicht nur oberflächlich zu betrachten, sondern ihre tiefere, geistige Bedeutung zu erkennen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.