Auf die Natur
Wie künstlich ist nicht die Natur?
Sie weiß aus denen schlechten Sachen
Ein groß und prächtig Werk zu machen;
Man findet da die schönste Spuhr.
Ihr unterirdisches verrichten
Ist so vollkommen und geschickt,
Daß man nicht kan was bessers dichten.
Weil ihr es nur allein in allen Sachen glückt.
Kein Mensch weis ihr
In Kunst und Bildung beyzukommen,
So gut er auch den Stof genommen.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Auf die Natur“ von Sidonia Hedwig Zäunemann preist die überlegene Schöpfungskraft der Natur und stellt sie als ein perfektes, fast unerreichbares Kunstwerk dar. Zu Beginn des Gedichts wird die Natur als „künstlich“ beschrieben, was zunächst paradox klingt, doch im weiteren Verlauf wird deutlich, dass sie auf außergewöhnliche Weise aus „schlechten Sachen“ – also aus vermeintlich unvollkommenen oder unansehnlichen Materialien – „ein groß und prächtig Werk“ erschafft. Diese Aussage unterstreicht die bewundernswerte Fähigkeit der Natur, aus allem etwas Wunderschönes und Wertvolles zu schaffen.
Die Natur wird in der zweiten Strophe für ihre „unterirdischen“ Tätigkeiten gepriesen, die als „vollkommen und geschickt“ beschrieben werden. Diese „unterirdischen“ Vorgänge, die auf die geheimen und unsichtbaren Prozesse der Natur anspielen, sind so perfekt, dass der Mensch nicht einmal in der Lage ist, sie in ihrer Ganzheit zu begreifen oder zu imitieren. Hier wird die Überlegenheit der Natur betont, die in ihrer heimlichen, oft unsichtbaren Arbeitsweise eine unnachahmliche Eleganz und Effizienz besitzt.
In den letzten Versen wird der Mensch als unzulänglich im Vergleich zur Natur dargestellt. Trotz aller Bemühungen, „den Stof“ der Natur zu nutzen, um eigene Kunstwerke zu schaffen, bleibt der Mensch in der Kunstfertigkeit hinter ihr zurück. Zäunemann hebt damit hervor, dass der Mensch zwar in der Lage ist, etwas zu erschaffen, jedoch nicht die gleiche Vollkommenheit erreicht wie die Natur. Dies ist eine Anerkennung der grenzenlosen Kreativität und Perfektion der Natur, die der Mensch nur schwer erreichen kann.
Das Gedicht stellt die Natur als eine unübertreffliche Quelle der Schönheit und Weisheit dar. Ihre Fähigkeit, selbst aus Unvollkommenem etwas Großartiges zu schaffen, macht sie zu einem idealen Vorbild für den Menschen, der in seiner Kunst niemals die gleiche Vollkommenheit erlangen kann. Zäunemann gelingt es, die Natur als ein beinahe göttliches Prinzip zu schildern, dessen schöpferische Kraft und Weisheit den menschlichen Verstand übersteigt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.