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Galathea

Von

Ach, wie brenn‘ ich vor Verlangen, Galathea, schönes Kind,
Dir zu küssen deine Wangen, weil sie so entzückend sind.
Wonne die mir widerfahre, Galathea, schönes Kind,
Dir zu küssen deine Haare, weil sie so verlockend sind.

Nimmer wehr mir, bis ich ende, Galathea, schönes Kind,
Dir zu küssen deine Hände, weil sie so verlockend sind.
Ach, du ahnst nicht, wie ich glühe, Galathea, schönes Kind,
Dir zu küssen deine Knie, weil sie so verlockend sind.

Und was tät ich nicht, du süße Galathea, schönes Kind,
Dir zu küssen deine Füße, weil sie so verlockend sind.
Aber deinen Mund enthülle, Mädchen, meinen Küssen nie,
Denn in seiner Reize Fülle küsst ihn nur die Phantasie.

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Gedicht: Galathea von Frank Wedekind

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Galathea“ von Frank Wedekind ist eine leidenschaftliche und zugleich ironische Auseinandersetzung mit der sinnlichen Anziehung und den Grenzen der körperlichen Begierde. In der ersten Strophe zeigt der Sprecher seine starke Verlangen nach Galathea, einem „schönen Kind“, dessen Wangen und Haare ihn verlocken. Das ständige Wiederholen des Ausdrucks „weil sie so verlockend sind“ hebt die starke, fast besessene Anziehungskraft hervor, die der Sprecher auf Galathea empfindet. Die wiederholte Betonung auf sinnliche Körperteile wie Wangen und Haare weist auf eine körperliche Begierde hin, die sich in einer Art Obsession manifestiert.

Im weiteren Verlauf des Gedichts steigert sich das Verlangen des Sprechers, als er auch die Hände und Knie von Galathea begehrt. Es wird deutlich, dass er in einer zunehmenden Ekstase der Begierde auf das gesamte körperliche Wesen des Mädchens fixiert ist. Die Wiederholung der Formulierung „Dir zu küssen“ verstärkt das Gefühl der Dringlichkeit und die fast manische Vorstellung des Sprechers, jeden Teil von Galathea zu küssen. Auch hier wird das Bild einer Körperlichkeit gezeichnet, die auf den ersten Blick voller Hingabe erscheint, aber zugleich auch eine gewisse Oberflächlichkeit und Reduzierung der Frau auf ihre körperlichen Merkmale impliziert.

In der letzten Strophe jedoch nimmt das Gedicht eine unerwartete Wendung. Obwohl der Sprecher noch immer von einem tiefen Verlangen getrieben ist, stellt er eine Grenze auf, indem er den Mund von Galathea aus seinen Küssen ausschließt. Der Mund wird als zu „verlockend“ beschrieben, jedoch wird in einem fast distanzierten und kalten Ton darauf hingewiesen, dass dieser nur von der „Phantasie“ geküsst werden kann. Diese Wendung scheint eine Reflexion über die Unvollkommenheit oder Unmöglichkeit der Erfüllung des Begehrens zu sein. Der Sprecher, der zuvor in einem Zustand von fast zwanghafter Lust war, erkennt, dass der Mund – als Symbol für eine tiefere, intimere Verbindung – nur ein Produkt seiner Fantasie bleiben kann.

Insgesamt spielt Wedekind in diesem Gedicht auf die Grenzen der sinnlichen Begierde und die Unmöglichkeit, diese vollständig zu befriedigen, an. Der Sprecher ist von seiner Leidenschaft überwältigt, doch die letzte Zeile deutet darauf hin, dass wahre Nähe und Erfüllung unerreichbar bleiben, was das Gedicht mit einer bitteren, fast ironischen Note endet. Die körperliche Begehrlichkeit wird als oberflächlich und von der Phantasie entkoppelt von realer Intimität und echter Verbindung dargestellt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.