Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , , ,

Verwandlung

Von

Entlang an Gärten, herbstlich rotversengt:
Hier zeigt im Stillen sich ein tüchtig Leben.
Des Menschen Hände tragen braune Reben,
Indes der sanfte Schmerz im Blick sich senkt.

Am Abend: Schritte gehn durch schwarzes Land
Erscheinender in roter Buchen Schweigen.
Ein blaues Tier will sich vorm Tod verneigen
Und grauenvoll verfällt ein leer Gewand.

Geruhiges vor einer Schenke spielt,
Ein Antlitz ist berauscht ins Gras gesunken.
Hollunderfrüchte, Flöten weich und trunken,
Resedenduft, der Weibliches umspült.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Verwandlung von Georg Trakl

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht Verwandlung von Georg Trakl ist ein typisches Beispiel für seine symbolistische und bildhaft dichte Lyrik, in der Natur, innerer Zustand und kosmische Erfahrung zu einer geheimnisvollen Einheit verschmelzen. In drei Strophen entfaltet sich eine herbstlich-melancholische Szenerie, in der Leben, Vergehen und eine geheimnisvolle Transzendenz miteinander verknüpft sind. Der Titel verweist auf einen Zustand der Wandlung – nicht nur äußerlich im Wechsel der Jahreszeit, sondern auch innerlich-seelisch.

Die erste Strophe zeigt einen herbstlichen Garten, der „rotversengt“ ist – ein Bild für die Reife, aber auch den nahenden Verfall. Die „braunen Reben“ und das „tüchtig Leben“ suggerieren eine gewisse Ruhe und Erfülltheit. Doch der „sanfte Schmerz im Blick“ zeigt, dass dieser Moment von Melancholie durchdrungen ist. Trakl arbeitet hier mit Synästhesien und Farbmotiven (rot, braun), die bei ihm oft für Übergang und Vergänglichkeit stehen. Die „Stille“ verweist auf eine verinnerlichte Welt, in der das Außen zum Spiegel des Inneren wird.

In der zweiten Strophe steigert sich die Düsternis: Das „schwarze Land“ am Abend wirkt wie ein Raum zwischen Leben und Tod. Die „roten Buchen“ und das „blaue Tier“ sind rätselhaft-symbolische Gestalten, deren Bedeutung offenbleibt, aber den Eindruck einer mythischen, fast visionären Szenerie verstärken. Das „leere Gewand“, das „grauenvoll verfällt“, könnte als Bild für den entleerten Menschen gelesen werden – entkleidet seiner Vitalität, ein Symbol für Sterblichkeit und Seelenleere.

Die dritte Strophe bringt eine atmosphärische Verschiebung hin zum Rauschhaften und Sinnenhaften. „Ein Antlitz ist berauscht ins Gras gesunken“ – es ist nicht klar, ob hier Trunkenheit, Tod oder eine mystische Entrückung gemeint ist. Der Duft von Reseden, das Flötenspiel und der Bezug auf „Weibliches“ geben der Szene eine erotische, fast lüsterne Färbung. Doch auch hier bleibt alles schwebend und suggestiv: Die Sinneseindrücke sind stark, aber sie verweisen nicht auf eine eindeutige Handlung, sondern auf seelische Zustände und Übergänge.

Trakl nutzt eine assoziative Bildsprache, die sich jeder festen Deutung entzieht. Farben, Pflanzen, Tiere und Musik ergeben ein Netz von Symbolen, das ein inneres Geschehen ausdrückt: die Verwandlung von Leben zu Tod, von Klarheit zu Traum, von Körper zu Geist. Das Gedicht ist ein stiller Abgesang auf das Bewusste, eine Hinwendung zu einer dunklen, rauschhaften Innerlichkeit.

Interessierst du dich für eine tiefere Deutung einzelner Symbole wie dem „blauen Tier“ oder dem „leeren Gewand“?

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.