Unerwidert
Die Blicke sengen kahle Male
Dein Nahsein fragt und harrt
Und
Martert Antwort
Auf meiner Seele klagt
Dein sehnglutschweres Haupt.
Der Mund kraust
Haß
Und
Meine Blicke kichern höhneln
An dir
Runter!
Die Nähe würgt
Und nur die ferne
Haucht
Und beiden
Ruhe Ruhe!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Unerwidert“ von August Stramm thematisiert die Qual der unerwiderten Liebe und die psychische Belastung, die mit der ständigen Erwartung und dem Verlangen nach Nähe einhergeht. Zu Beginn beschreibt der Dichter, wie „Blicke kahle Male“ sengen – hier wird das Bild von Blicke als schmerzhafte Narben verwendet, die eine unausgesprochene Wunde hinterlassen. Der Blick des anderen ist nicht nur ein simples visuelles Signal, sondern ein intensiver Schmerz, der auf der Seele des lyrischen Ichs brennt.
Das „Nahsein fragt und harrt“ deutet auf die unerfüllte Sehnsucht nach Nähe und Kommunikation hin. Das Wort „Martert“ verstärkt den Eindruck von quälender Erwartung und unerreichbarem Verlangen. Die Worte „Dein sehnglutschweres Haupt“ vermitteln die Schwere und das Leiden der anderen Person, deren Kopf von Sehnsucht und unerwiderter Liebe belastet ist. Die gesamte Szene wird von einem intensiven Gefühl der Dringlichkeit und Unausweichlichkeit geprägt.
Der „Mund kraust Haß“ zeigt eine starke negative Emotion, die durch die Ohnmacht und Enttäuschung des lyrischen Ichs entsteht. In dieser Phase der unerwiderten Liebe verwandeln sich einst zärtliche Gedanken in abweisende und negative Gefühle, die sich in der körperlichen Reaktion des „Hassens“ manifestieren. Die „Blicke kichern höhneln“ symbolisieren eine Abwehrhaltung, ein verspottetes Reagieren auf die Situation, als ob das lyrische Ich versucht, seine Trauer und Ohnmacht in Spott zu verpacken.
Die „Nähe würgt“ und „nur die ferne haucht“ verstärken das Gefühl der Erstickung und des inneren Konflikts. Während die Nähe des anderen schmerzt und belastet, bringt die Ferne eine trügerische Ruhe, die jedoch nicht wirklich befriedigt. Die wiederholte Aufforderung zu „Ruhe Ruhe“ ist ein Versuch, sich von den quälenden Emotionen zu befreien, aber sie bleibt unerreichbar. Das Gedicht endet in einem Zustand der inneren Zerrissenheit, der durch die Unmöglichkeit, die ersehnte Nähe zu erreichen, noch verstärkt wird.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.