Foltern
Reuen
Taumeln
Trotzen
Schreiten Schreiten
Winken
Wollen
Sprechen spricht
Ich spreche
Und
Du mußt da sein.

Traumig
- Abschied
- Blumen & Pflanzen
- Gemeinfrei
Foltern
Reuen
Taumeln
Trotzen
Schreiten Schreiten
Winken
Wollen
Sprechen spricht
Ich spreche
Und
Du mußt da sein.

Das Gedicht „Unentschlossen“ von August Stramm thematisiert den inneren Zwiespalt eines Menschen zwischen Entschlossenheit und Zweifel, zwischen Sehnsucht und Widerstand. In typischer expressionistischer Manier wird der Zustand des lyrischen Ichs nicht durch eine geschlossene Erzählung, sondern durch isolierte, kraftvolle Verben und kurze Satzfragmente ausgedrückt. Die Sprache selbst wirkt zerrissen und suchend – ein Spiegel der inneren Unruhe.
Die ersten Verse bestehen aus losgelösten Verben wie „Foltern“, „Reuen“, „Taumeln“, „Trotzen“ – sie beschreiben Zustände emotionaler Zerrissenheit und innerer Kämpfe. Diese Begriffe stehen ohne Subjekt da und lassen offen, ob das Ich sich selbst foltert oder ob äußere Kräfte auf es einwirken. Die Reihung ohne grammatische Einbettung unterstreicht den unentschlossenen Zustand: Es gibt kein klares Ziel, nur wechselhafte Impulse.
Mit „Schreiten Schreiten / Winken / Wollen“ scheint eine Bewegung in Gang zu kommen, ein Vorwärtsdrängen, das jedoch sofort wieder ambivalent wird. Das „Wollen“ bleibt vage, es ist ein Impuls, dem keine Handlung folgt. Erst in der Zeile „Sprechen spricht / Ich spreche“ tritt das Ich direkt in Erscheinung. Hier beginnt eine Art Selbstvergewisserung: Das Sprechen wird zur Handlung, mit der das lyrische Ich sich behauptet – gegen die vorhergehende Unsicherheit.
Der letzte Vers „Und / Du mußt da sein.“ wirkt wie eine existenzielle Forderung. Die direkte Ansprache des Du am Schluss verleiht dem Gedicht einen emotionalen Höhepunkt. Die Unsicherheit weicht einem klaren Bedürfnis: Das Ich braucht das Gegenüber, um seine eigene Existenz zu bestätigen. Doch selbst diese Aussage bleibt ambivalent – das „müssen“ ist dringlich, aber nicht sicher. Das Gedicht kreist damit um das zentrale Motiv der existenziellen Beziehung: Nur im Anderen findet das Ich einen Halt – und selbst dieser bleibt ungewiss.
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