Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , ,

Sehnen

Von

Die Hände strecken
Starre bebt
Erde wächst an Erde
Dein Nahen fernt
Der Schritt ertrinkt
Das Stehen jagt vorüber
Ein Blick
Hat
Ist!
Wahnnichtig
Icht!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Sehnen von August Stramm

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Sehnen“ von August Stramm stellt eine intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper und der Wahrnehmung der Zeit und Raum dar. Die ersten Zeilen – „Die Hände strecken / Starre bebt“ – vermitteln das Bild einer körperlichen Bewegung, die jedoch in einer starren, fast lähmenden Anspannung gefangen ist. Es scheint, als ob der Körper nach etwas strebt, aber gleichzeitig in seiner Bewegung eingefroren ist. Diese Spannung zwischen Aktivität und Lähmung zieht sich durch das ganze Gedicht und könnte das innere Sehnen oder die Unfähigkeit, das gewünschte Ziel zu erreichen, widerspiegeln.

Die Zeilen „Erde wächst an Erde / Dein Nahen fernt“ scheinen das Gefühl zu vermitteln, dass der Sprecher sowohl mit der physischen Welt als auch mit einem anderen Menschen in Beziehung steht. Während die Erde „wächst an Erde“, was eine Verbindung oder eine Verschmelzung von Natur und Körper andeutet, wird die Nähe einer anderen Person gleichzeitig als sich entfernend beschrieben – ein Gefühl der Entfremdung oder der unerreichbaren Nähe. Dies könnte auf eine unerfüllte Sehnsucht oder das Streben nach Verbindung hindeuten, das sich dennoch als unerreichbar erweist.

Der Vers „Der Schritt ertrinkt / Das Stehen jagt vorüber“ verstärkt das Gefühl der Zeit, die entgleitet. Bewegung und Ruhe sind wie in einem Fluss miteinander verknüpft, jedoch ohne klare Kontrolle. Der „Schritt“ wird durch das „Ertrinken“ verlangsamt, und das „Stehen“ wird von der Zeit „gejagt“, was auf eine ständige, unerbittliche Weiterentwicklung der Dinge hinweist, die den Sprecher möglicherweise überfordert oder in seiner eigenen Wahrnehmung gefangen hält.

Der abschließende Moment, in dem „Ein Blick / Hat / Ist!“ folgt, zeigt einen bruchstückhaften, fast flüchtigen Augenblick, der mit einer enormen Intensität erlebt wird. Dieser Augenblick, so kurz er auch sein mag, hat Bedeutung und Existenz. Die Worte „Wahnnichtig / Icht!“ bilden einen abrupten, fast desillusionierten Schluss, der möglicherweise die Vergeblichkeit des Strebens und die existenzielle Verwirrung des Sprechers darstellt. Es ist ein Moment des Verlustes von Bedeutung oder Kontrolle, der die Vorstellung von Identität und Wahrnehmung in Frage stellt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.