Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , , , , , ,

Erinnerung

Von

Welten schweigen aus mir raus
Welten Welten
Schwarz und fahl und licht!
Licht im Licht!
Glühen Flackern Lodern
Weben Schweben Leben
Nahen Schreiten
Schreiten
All die weh verklungenen Wünsche
All die harb zerrungenen Tränen
All die barsch verlachten Ängste
All die kalt erstickten Gluten
Durch den Siedstrom meines Blutes
Durch das Brennen meiner Sehnen
Durch die Lohe der Gedanken
Stürmen stürmen
Bogen bahnen
Regen wegen
Dir
Den Weg
Den Weg
Den Weg
Zu mir!
Dir

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Erinnerung von August Stramm

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Erinnerung“ von August Stramm beschreibt in einer intensiven, fast wirbelnden Sprache eine innere Erfahrung von Schmerz, Leidenschaft und dem Streben nach Vereinigung. Die ersten Zeilen „Welten schweigen aus mir raus / Welten Welten“ eröffnen das Gedicht mit einer Flut an Gedanken und Erinnerungen, die sich aus dem Sprecher herauslösen. Der Gebrauch des Wortes „Welten“ deutet darauf hin, dass der Sprecher von einer Vielzahl von inneren Eindrücken und Gefühlen überflutet wird, die sich in einer Art unaufhaltsamen Strom manifestieren. Das Bild des „Schwarzen“ und „Fahlen“ in Verbindung mit dem „Licht“ spricht von einem Spannungsverhältnis zwischen Dunkelheit und Hoffnung, zwischen Schmerz und Erlösung, das im Gedicht immer wieder aufgegriffen wird.

Die darauffolgenden Zeilen „Licht im Licht! / Glühen Flackern Lodern“ beschreiben die extreme Intensität dieser inneren Welten. Hier wechselt Stramm zwischen Bildern von Licht und Feuer, die sowohl als Symbol für Energie, aber auch für Zerstörung und Chaos stehen können. Das „Glühen“, „Flackern“ und „Lodern“ verstärken das Gefühl von Bewegung und Unruhe, das im Gedicht dominiert. Diese Bilder von dynamischen, fast feurigen Prozessen deuten auf eine innere Umwälzung hin, die in ständigem Fluss und Veränderung ist – ein Zustand der Sehnsucht und der Zerrissenheit.

In der zweiten Hälfte des Gedichts intensiviert Stramm diese inneren Bilder durch die Nennung von „verklungenen Wünschen“, „zerrungenen Tränen“ und „verlachteten Ängsten“, die die seelischen Lasten und ungelösten Konflikte des Sprechers symbolisieren. Diese „Wünsche“, „Tränen“ und „Ängste“ sind wie nicht verarbeitete Emotionen, die in der Vergangenheit liegen und dennoch die Gegenwart des Sprechers mitgestalten. Der „Siedstrom meines Blutes“ und das „Brennen meiner Sehnen“ sprechen von einem körperlichen Empfinden, das diese Erinnerungen und Emotionen in den physischen Bereich hineinzieht, als ob der Körper selbst das Echo dieser seelischen Unruhe spüren würde.

Der schlussendliche Höhepunkt des Gedichts – „Stürmen stürmen / Bogen bahnen / Regen wegen / Dir / Den Weg / Den Weg / Den Weg / Zu mir! / Dir“ – deutet auf eine verzweifelte Bewegung hin, die auf den anderen Menschen gerichtet ist. Das Wort „Stürmen“ betont die Dringlichkeit und Intensität des Strebens, während „Bogen bahnen“ auf den Versuch hindeutet, einen klaren, zielgerichteten Weg zu finden. Das wiederholte „Den Weg“ stellt die zentrale Bedeutung der Richtung und der Zielverwirklichung dar: Der Sprecher sehnt sich nach einer Vereinigung oder Erlösung durch den anderen, die nur durch diesen „Weg“ erreicht werden kann. Der Drang, zu „dir“ zu gelangen, bildet den finalen Ausdruck der unstillbaren Sehnsucht und der Erinnerung, die das Gedicht durchzieht.

Stramm nutzt eine dichte und kraftvolle Sprache, die den inneren Sturm und das Verlangen nach Vereinigung zwischen Schmerz und Sehnsucht, Vergangenheit und Gegenwart ausdrückt. Das Gedicht thematisiert das ständige Ringen mit den eigenen Gefühlen und der Hoffnung, schließlich „zu dir“ zu gelangen, was in seiner Wiederholung die zentrale, fast obsessive Thematik des Gedichts verstärkt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.