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Der Morgen

Von

Schwarz
Graut
Zerknittert schämig fahlig.
Schweigen schleicht zu Bette!
Schrecke lugen
Horchen
Ziepsen
Ducken
Ziepsen spürig
Schrillen trotzig
Rufen rufen
Wachen auf
Von Ast zu Ast.
In die Winkel glupschen Lüfte
Talpschen Dünste.
Klatschen Flattern Knacken Schwirren
Zerrt ins Fahle bleiche Fetzen!
Blaublaß glasen Ströme zu Kristall!
Klirrig
Grellt der Himmel auf!
Funken brennen
Splitter glühen!
Schauernd
Wirbeln Tropfen Spiegel!
Lichtgeblendet schwingt herauf
Die Helle!

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Gedicht: Der Morgen von August Stramm

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Morgen“ von August Stramm beschreibt den Übergang von der Nacht zum Tag in einer sehr eindrucks- und stimmungsreichen Weise. Der Morgen wird als ein chaotischer und aufregender Moment eingefangen, in dem die Stille der Nacht von einer Vielzahl an Geräuschen und Eindrücken durchbrochen wird. Der Beginn mit den Worten „Schwarz / Graut“ stellt das Dämmerlicht dar, das den Raum zwischen Nacht und Tag markiert, während die darauffolgenden Begriffe wie „Zerknittert schämig fahlig“ und „Schweigen schleicht zu Bette“ eine fast schon schüchterne Atmosphäre erzeugen, die die Nacht in ihrer Vergehen beschreibt.

Im nächsten Abschnitt wird der Morgen lebendig. Geräusche wie „Schrecke lugen“ und „Ziepsen“ sowie „Rufen rufen“ deuten auf die Erwachens- und Bewegungskraft des Morgens hin, die allmählich die Ruhe der Nacht vertreibt. Besonders auffällig ist die Vielzahl von Geräuschen und Bewegungen, die Stramm hier verwendet, um den Aufbruch des Tages darzustellen: „Flattern“, „Knacken“, „Schwirren“, die mit der Natur und der Erweckung des Lebens assoziiert werden. Diese Lautmalerei, unterstützt durch die stilisierten Verben, erzeugt eine Bildhaftigkeit, die den Leser in den Moment der Morgenfrische hineinzieht.

Stramm lässt den Morgen in einem kaleidoskopartigen Stil erscheinen, in dem die Eindrücke schnell und intensiv aufeinandertreffen. Der Kontrast zwischen „Zerrt ins Fahle bleiche Fetzen“ und „Blaublaß glasen Ströme zu Kristall“ verstärkt den dynamischen Wandel vom Dämmerzustand zu einem klaren, aufblühenden Morgen. Die Verwendung von Begriffen wie „Klirrig“ und „Grellt“ drückt die heftigere, fast gewaltsame Erhebung des Tages aus, was die Intensität des Lichts widerspiegelt.

Schließlich wird das Licht als „Helle“ vorgestellt, die alles durchflutet und eine blendende Klarheit erzeugt. Die gesamte Szenerie wirkt wie eine schnelle, taumelnde Verwandlung von Dunkelheit zu Helligkeit, die die Natur und die Welt des Gedichts in einem Augenblick verwandelt. Stramm nutzt die kurze Form, um die gewaltige Erhebung des Lichts zu einem dramatischen, fast explosiven Ereignis zu machen, das sowohl die Natur als auch die Wahrnehmung des Lesers fesselt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.