Blüte
Diamanten wandern übers Wasser!
Ausgereckte Arme
Spannt der falbe Staub zur Sonne!
Blüten wiegen im Haar!
Geperlt
Verästelt
Spinnen Schleier!
Duften
Weiße matte bleiche
Schleier!
Rosa, scheu gedämpft, verschimmert
Zittern Flecken
Lippen, Lippen
Durstig, krause, heiße Lippen!
Blüten! Blüten!
Küsse! Wein!
Roter
Goldner
Rauscher
Wein!
Du und Ich!
Ich und Du!
Du?!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Blüte“ von August Stramm vermittelt eine Sinnesflut, die durch eine Mischung aus Naturbildern und intensiven Gefühlen geprägt ist. Es beginnt mit der Vorstellung von „Diamanten, die übers Wasser wandern“, was ein Bild von Schönheit und Bewegung erzeugt. Die Diamanten symbolisieren möglicherweise die flimmernde, kostbare Natur des Augenblicks, während der „falbe Staub“ und die ausgereckten Arme die Sehnsucht und das Streben nach der Sonne darstellen. Diese Bilder beschreiben eine beinahe ekstatische Verbindung zur Natur und zum Leben selbst, als ob der Sprecher in einer Art harmonischer Einheit mit der Welt um ihn herum wäre.
Die Blüten, die „im Haar wiegen“, und die Metaphern „geperlt“, „verästelt“ und „spinnen Schleier“ bauen auf diese Sinnlichkeit auf. Die Blüten sind in ihrer Erscheinung nicht nur schön, sondern auch mystisch und geheimnisvoll, fast wie ein Schleier, der die wahre Bedeutung der Begegnung oder der Emotionen verhüllt. Diese Naturbilder werden mit einer leichten, fast träumerischen Atmosphäre verbunden, in der „weiße matte bleiche Schleier“ und „rosa, scheu gedämpfte“ Töne den Zustand der Unsicherheit und der Sehnsucht verstärken. Der Übergang zu „Zittern Flecken“ und „heiße Lippen“ bringt dann eine körperlichere Dimension in das Gedicht, indem er die intensiven, fast hungrigen Wünsche des Sprechers in den Vordergrund rückt.
Die wiederholte Betonung von „Lippen“ und „Küsse! Wein!“ verstärkt die körperliche Präsenz und das Verlangen. Stramm nutzt hier die Symbole des Kusses und des Weins, die in der Literatur oft für Leidenschaft und die Ekstase des Moments stehen. Diese Symbolik lässt die Verführung und das Aufeinandertreffen von Körpern und Gefühlen zu einem zentralen Thema des Gedichts werden. Der „Rote“ und „Goldene“ Wein stehen nicht nur für den Genuss, sondern auch für die überschäumende Freude und die berauschende Wirkung dieser Leidenschaft.
Das Gedicht endet mit der Wiederholung der Phrasen „Du und Ich! Ich und Du!“ und der Frage „Du?!“, was eine Unsicherheit und Zerrissenheit zwischen den beiden Personen ausdrückt. Diese Frage stellt die Identität der Beziehung in Frage und lässt den Sprecher in einem Zustand der Verwirrung und des Zweifels zurück. Es wird deutlich, dass trotz der intensiven Emotionen und der körperlichen Anziehung die Beziehung von Unsicherheit und ambivalenten Gefühlen geprägt ist. Die wiederholte Frage „Du?!“ öffnet den Raum für Interpretation, als ob der Sprecher in einem Zustand der Verwirrung und des inneren Konflikts über die wahre Natur der Begegnung oder der Beziehung nachdenkt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.