Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, ,

Beginn des Endes

Von

Ein Punkt nur ist es, kaum ein Schmerz,
Nur ein Gefühl, empfunden eben;
Und dennoch spricht es stets darein,
Und dennoch stört es dich zu leben.

Wenn du es andern klagen willst,
So kannst du’s nicht in Worte fassen.
Du sagst dir selber: „Es ist nichts!“
Und dennoch will es dich nicht lassen.

So seltsam fremd wird dir die Welt,
Und leis verläßt dich alles Hoffen,
Bist du es endlich, endlich weißt,
Daß dich des Todes Pfeil getroffen.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Beginn des Endes von Theodor Storm

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Beginn des Endes“ von Theodor Storm beschreibt auf eindrucksvolle Weise das innere Erleben eines Menschen, der sich mit einem schleichenden, schwer fassbaren Gefühl des Verlusts und der Verzweiflung auseinandersetzt. In der ersten Strophe wird das Gefühl als etwas beschrieben, das zunächst kaum wahrnehmbar ist – „ein Punkt nur, kaum ein Schmerz“ – und dennoch hat es eine anhaltende Präsenz im Leben des lyrischen Ichs. Dieses scheinbar kleine, kaum greifbare Gefühl beeinflusst die Wahrnehmung des Lebens und „stört“ das Dasein. Es wird zum ständigen Begleiter, der trotz seiner Unbestimmtheit eine tiefe Wirkung auf den Lebensfluss hat.

In der zweiten Strophe wird das Unvermögen des Ichs, dieses Gefühl in Worte zu fassen, thematisiert. Es ist ein Zustand, den der Sprecher nicht in eine klare Form bringen kann, und selbst wenn er es versucht, bleibt es unaussprechlich. Die Aussage „Es ist nichts!“ spiegelt den inneren Konflikt wider – das Gefühl zu leugnen oder als unbedeutend abzutun, während es zugleich weiterhin allgegenwärtig bleibt und den Menschen nicht loslässt. Dieses „Nichts“ ist nicht nur eine Form von Verdrängung, sondern auch ein Zeichen dafür, dass das Ich sich mit einem existenziellen Zustand konfrontiert sieht, der nicht leicht zu benennen oder zu bewältigen ist.

Die dritte Strophe beschreibt die zunehmend entfremdete Wahrnehmung der Welt. Die Welt erscheint „seltsam fremd“, und das „Hoffen“ verlässt das lyrische Ich. Diese Zeilen verdeutlichen den Verlust von Hoffnung und den schleichenden Prozess des Absterbens innerer Lebenskraft. Die Erkenntnis, dass der „Pfeil des Todes“ das Ich „getroffen“ hat, ist der Höhepunkt des Gedichts, der den unaufhaltsamen Verlust symbolisiert. Es ist der Moment, in dem der Sprecher endlich erkennt, dass das Gefühl, das ihn geplagt hat, tatsächlich die Ahnungen und Vorboten des Todes sind.

Storms Gedicht vermittelt die schleichende, fast unmerkliche Annäherung des Todes als ein unsichtbares, unerklärliches Gefühl, das den Menschen heimsucht. Es ist nicht die dramatische, unmittelbare Erkenntnis des Todes, sondern der langsame Verlust von Hoffnung und die fortschreitende Entfremdung vom Leben, die den Tod zu einem unausweichlichen Teil des Daseins machen. Das Gedicht ist eine Meditation über die innere Leere und die schmerzliche Akzeptanz des Endes, das sich leise, aber stetig in das Leben des Menschen einschleicht.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.