Seele der Liebenden
Einmal schon liebte ich dich
Und das Meer, das Meer.
Doch lichter waren damals
Die Seelen, ungetrübt
Von dunklen Taten.
Es sangen unsere Liebe
Strahlend die Sterne,
Und das Meer, das Meer.
Wie viel hundert Jahre
Sind seitdem vergangen,
Wie viel Leiden und Tode
Und Sterne. Wo blieben
Die Seelen so lange?
Wir halten uns schweigend
Die schauernden Hände.
Wir blicken uns tief
In die fragenden Augen.
Noch singen die Sterne
Und das Meer, das Meer.
Aber unfassbar ewig
Ist die Vergangenheit
Der menschlichen Seele.
Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Seele der Liebenden“ von Francisca Stoecklin reflektiert eine vergangene Liebe, die von einer einst ungetrübten Unschuld geprägt war, aber durch die Zeit und die Erfahrungen des Lebens verändert wurde. Zu Beginn stellt die Sprecherin fest, dass sie „einmal schon“ den geliebten Menschen und das „Meer“ liebte, was die Idee einer einmal unbeschwerten, leidenschaftlichen Verbindung symbolisiert. Die „ungetrübten Seelen“ deuten darauf hin, dass die Liebe in einer Zeit ohne Dunkelheit und Sünde erblühte, was den Verlust dieser Reinheit in der Gegenwart noch schmerzhafter macht.
Die wiederholte Erwähnung von „dem Meer, dem Meer“ sowie den „strahlenden Sternen“ stellt ein Bild von einer Liebe dar, die unendlich und romantisch war, ein Ideal der Liebe, das von einer klaren, reinen Natur umgeben war. Diese Vorstellung von Liebe wird jedoch von der Zeit relativiert, da „viel hundert Jahre“ und „Leiden und Tode“ vergangen sind. Das Gedicht zeigt die Veränderung der Seelen durch die erlebten Prüfungen und die schwere Erfahrung des Lebens, die sie „getrübt“ haben.
In der zweiten Hälfte des Gedichts wird das Verhältnis zwischen den Liebenden in der Gegenwart beschrieben: Sie halten sich schweigend die „schauernden Hände“ und blicken sich tief in die „fragenden Augen“. Dies deutet darauf hin, dass die einstige Unschuld und Klarheit der Liebe nun von Zweifeln und Fragen durchzogen ist. Die Worte „schauernd“ und „fragend“ vermitteln ein Gefühl der Unsicherheit und des schmerzlichen Auseinanderdriftens, als ob die Liebe in der Gegenwart nicht mehr dasselbe ist wie früher.
Abschließend wird das Bild der „unfassbar ewigen“ Vergangenheit der menschlichen Seele eingeführt. Die Vergangenheit der Liebenden ist nicht nur ein verlorenes Kapitel, sondern ein ungreifbares und unerklärliches Teil ihrer Existenz. Die „Seelen“ haben sich verändert und getragen von Erfahrungen, die sie nicht vollständig begreifen können. Das Gedicht endet mit der Erinnerung an das „Meer“ und die „Sterne“, die nach wie vor singen, aber die Liebe, die einst von ihnen begleitet wurde, erscheint nun unerreichbar und im Fluss der Zeit verloren.
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.