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Morphina

Von

Im Traume fand ich dich,
Mädchen, in mondener Nacht
Kamst du mir zögernd entgegen.
Auf deiner Stirne träumte ein Stern,
Deine kleinen Schritte klangen wie Glas,
Um deinen Mund ein überweltliches Lächeln.
Deine schmalen Schultern froren im Wind.
Ich umschlang dich, deinen eisigen Körper.
Schwester! wie lange bist du gestorben…
Wir sanken, wir fielen.

Mohn umblühte unser Sterben.

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Gedicht: Morphina von Francisca Stoecklin

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Morphina“ von Francisca Stoecklin entfaltet eine traumhafte und zugleich tragische Szenerie, in der der Tod und die Erinnerung an eine verstorbene Person eine zentrale Rolle spielen. Die erste Strophe beschreibt die Begegnung mit einer „Mädchen“-Gestalt in einer „mondener Nacht“, die wie eine Erscheinung aus einem Traum wirkt. Der „Stern“ auf ihrer Stirn und das „überweltliche Lächeln“ um ihren Mund verleihen ihr eine fast übernatürliche Ausstrahlung und stellen sie als eine Figur dar, die zwischen Leben und Tod, Realität und Traum schwebt. Die zögernden Schritte des Mädchens, die wie Glas klingen, vermitteln eine Zerbrechlichkeit und eine fragil wirkende Präsenz. Die „schmalen Schultern“, die im Wind froren, verstärken die Vorstellung von einer verletzlichen, geisterhaften Erscheinung.

In der zweiten Strophe wird die enge Verbindung zwischen dem Sprecher und dem Mädchen deutlich, als er sie umschlingt, ihren „eisigen Körper“ in die Arme schließt. Der Begriff „Schwester“ stellt die Figur als jemand besonders Vertrautes dar, was den Verlust umso schmerzhafter erscheinen lässt. Die Frage „wie lange bist du gestorben“ zeigt die schmerzhafte Erkenntnis des Todes und die Zerrissenheit des Ichs, das mit der Tatsache konfrontiert wird, dass die geliebte Person bereits tot ist, aber dennoch im Traum erscheint. Der Akt des „Sankens“ und „Fallens“ deutet auf einen gemeinsamen, unaufhaltsamen Untergang hin, eine Form der Vereinigung im Tod.

In der letzten Zeile wird das Bild des „Mohns“, der das Sterben umblüht, eingeführt. Der Mohn, als Symbol für den Tod und den Schlaf, der mit dem Traumzustand assoziiert wird, verstärkt das Bild eines friedlichen, aber endgültigen Endes. Der „Mohn“ kann auch die Idee der Vergänglichkeit und des Übergangs in eine andere Welt darstellen. In seiner Blüte umgibt er das Sterben wie eine sanfte, aber unaufhaltsame Naturkraft.

Das Gedicht „Morphina“ ist eine Auseinandersetzung mit dem Tod, der Erinnerung und der Sehnsucht nach einer verlorenen Verbindung. Die Traumszene, die zwischen Leben und Tod angesiedelt ist, spiegelt den inneren Konflikt des lyrischen Ichs wider, das sich mit dem Verlust einer geliebten Person auseinandersetzt, während es gleichzeitig von einer transzendenten Begegnung im Traum heimgesucht wird. Der Mohn und die eisige Kälte des Mädchens symbolisieren den ewigen Schlaf und die Unabwendbarkeit des Todes.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.