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Du

Von

Meine Singe ist leer.
Schreien gähnt,
Schreien weitet;
Ich herbe Du.
Ich herbe Deinen Hauch,
Ich singe Deine Augen,
Dein Plaudern sehnt mein Ohr.
Ich lechze Duft die Stunden.
Du bist mein Sehnen
Du bist mein Schreiten, Deine Augen Dein Gebet.
Dein Lachen betet,
Dein Plaudern betet,
Dein Auge betet.
Mein Sehnen fernt Dein Beten Schrei.
Ich
Ferne Du

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Gedicht: Du von Kurt Schwitters

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Du“ von Kurt Schwitters ist eine tief emotionale und gleichzeitig experimentelle Auseinandersetzung mit Sehnsucht, Liebe und dem Streben nach Verbindung. Der Sprecher beschreibt die Abwesenheit von „Du“, was sich in der ersten Zeile mit der „leeren Singe“ ausdrückt – einer Leere, die gleichzeitig nach Ausdruck und Kommunikation verlangt. Das „Schreien“ und „Gähnen“ erzeugen eine paradoxe Mischung aus Kraft und Müdigkeit, aus einem Verlangen, das sich nicht erfüllen lässt. Diese Ambivalenz zwischen Sehnsucht und der Frustration darüber wird in den ersten Versen spürbar.

Der Versuch, „Du“ herbeizuführen, zeigt die verzweifelte Suche des Sprechers nach einer Verbindung. „Ich herbe Du“ ist eine vereinfachte, fast kindliche Formulierung, die den Versuch, den anderen zu rufen, veranschaulicht. Die weiteren Bilder – „Deinen Hauch“, „Dein Plaudern“, „Deine Augen“ – symbolisieren die verschiedenen Facetten der geliebten Person, die nicht nur als physische Erscheinung, sondern auch als Quelle von Geräuschen und Düften wahrgenommen wird. Hier wird die geliebte Person zur Quelle aller sinnlichen Eindrücke, die der Sprecher in sich aufnehmen möchte.

Die wiederholte Verwendung des Begriffs „beten“ in Bezug auf das „Lachen“, „Plaudern“ und „Auge“ verstärkt die Bedeutung der Verehrung und des sich Hingebens. Der Sprecher sieht in der geliebten Person nicht nur ein Objekt der Begierde, sondern eine Art von göttlicher Präsenz, deren Handlungen und Blick ein Gebet darstellen, das eine spirituelle Dimension erhält. Das Gebet ist gleichzeitig eine Bitte und eine Verehrung, was darauf hinweist, dass der Sprecher die geliebte Person als etwas Unentbehrliches und Erhabenes wahrnimmt.

Am Ende des Gedichts tritt jedoch eine Distanz zutage. Der Sprecher erkennt, dass „Du“ fern ist, und das Sehnen nach der geliebten Person bleibt unerfüllt. Die Wendung „Mein Sehnen fernt Dein Beten Schrei“ zeigt eine Kluft zwischen dem Verlangen des Sprechers und der Abwesenheit des Anderen. Diese Trennung wird schließlich mit dem einfachen „Ich / Ferne Du“ zusammengefasst – eine kurze, aber kraftvolle Aussage, die die Kluft zwischen den beiden Subjekten endgültig markiert. Schwitters verwendet hier eine kraftvolle Sprache, um die Unaufhebbarkeit der Trennung und das unstillbare Verlangen zu zeigen.

Das Gedicht stellt die ständige Spannung zwischen Nähe und Abwesenheit, zwischen Begehren und Enttäuschung dar. Durch die experimentelle Sprachwahl und die Wiederholungen wird die Intensität des Gefühls – sowohl die Anziehung als auch die unerfüllte Sehnsucht – eindrucksvoll vermittelt. Schwitters zeigt hier auf, wie die Verbindung zu einem anderen Menschen sowohl ein zutiefst sinnliches als auch existenziell unerreichbares Streben sein kann.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.