Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , ,

Lied

Von

O Phebus laß dein blicken
eß will sich iezt nicht schicken
du mußt mir trawrig seyn
Schau wie auff meinen Wangen
die Wasser-Perlen hangen
alß Zeugen meiner Pein!

Ihr Himmel nembt mit Schmerzen
doch meine Noht zu Herzen!
Du schönes Firmament
Verender dich geschwinde
Weil ich kein Labsal finde
und bin so voll Elendt!

Nun muß ich das bald meiden
und kan mich nicht mehr weiden
An dem daß meinen Sinn
kan unverbrüchlich binden;
So bald kan Lust verschwinden
Sie fleugt wie Rauch dahin.

Der welcher herzlich liebet
wird iederzeit betrübet
und hat doch solchen Sinn
daß er kann alles leiden;
Doch wenn er sich muß scheiden
so stirbt er gahr dahin.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Lied von Sibylla Schwarz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Lied“ von Sibylla Schwarz beschreibt die qualvolle Erfahrung einer unerfüllten oder verlorenen Liebe. Die erste Strophe stellt Phebus, den Sonnengott, an, als eine symbolische Instanz der Hoffnung und des Trostes. Der Sprecher fordert Phebus auf, sein „Blicken“ zurückzuziehen, da es ihm nicht mehr hilft, sondern nur noch seine Qualen verstärkt. Die „Wasser-Perlen“ auf den Wangen, also Tränen, sind Zeugen des Schmerzes, der den Sprecher quält. Die Ablehnung des Lichts und der Sonne könnte dabei die völlige Verzweiflung über die Liebe widerspiegeln, die weder Trost noch Heilung bringt.

In der zweiten Strophe wird die Wehklage vertieft, indem der Himmel als nicht genügend tröstend wahrgenommen wird. Die „Noht“ (Not) des Sprechers wird tief „zu Herzen“ genommen, was die emotionale Erschöpfung verdeutlicht. Der Wunsch nach einer schnellen Veränderung des Himmels – als Metapher für eine Veränderung der Lebenssituation – verdeutlicht das Drängen des Sprechers, sich aus dem Leid zu befreien. Doch der Schmerz bleibt, und der Mangel an „Labsal“ (Linderung) führt zu einer inneren Leere.

Die dritte Strophe drückt die Verzweiflung über das Fehlen jeglicher Freude aus. Der Sprecher hat keine Möglichkeit mehr, sich an den einst schönen Dingen zu erfreuen, da „Lust“ wie „Rauch“ einfach verschwindet. Die Liebe, die ihn früher erfüllt hat, ist nun nicht mehr greifbar. Es wird klar, dass die Liebe hier nicht nur eine Quelle der Freude war, sondern auch eine Quelle des tiefen Schmerzes, die plötzlich verschwindet, ohne dass der Sprecher etwas dagegen tun kann.

Am Ende wird die ganze Tragik der Liebe thematisiert: Wer „herzlich liebt“, wird „jederzeit betrübt“. Die Liebe wird als unvermeidlich schmerzhaft dargestellt, da sie immer mit Verlust und Leid verbunden ist. Doch trotz des Leids bleibt der Liebende bereit, alles zu ertragen. Der abschließende Gedanke, dass der Liebende beim „Scheiden“ stirbt, verstärkt die existenzielle Tragik der Liebe. Es wird die Vorstellung vermittelt, dass wahre Liebe den Verlust als unausweichlichen Teil ihres Lebensweges akzeptieren muss – ein Verlust, der so schmerzhaft ist, dass der Liebende ohne diese Liebe zu existieren scheint.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.