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Die Forelle

Von

In einem Bächlein helle.
Da schoss in froher Eil
Die launische Forelle
Vorüber wie ein Pfeil.
Ich stand an dem Gestade
Und sah in süßer Ruh
Des muntern Fisches Bade
Im klaren Bächlein zu.

Ein Fischer mit der Rute
Wohl an dem Ufer stand
Und sahs mit kaltem Blute,
Wie sich das Fischlein wand.
So lang dem Wasser Helle,
So dacht ich, nicht gebricht,
So fängt er die Forelle
Mit seiner Angel nicht.

Doch plötzlich ward dem Diebe
Die Zeit zu lang. Er macht
Das Bächlein tückisch trübe,
Und eh ich es gedacht,
So zuckte seine Rute,
Das Fischlein zappelt dran,
Und ich mit regem Blute
Sah die Betrogne an.

Das ihr am goldnen Quelle
Der sichern Jugend weilt,
Denkt doch an die Forelle;
Seht ihr Gefahr, so eilt!
Meist fehlt ihr nur aus Mangel
Der Klugheit. Mädchen, seht
Verführer mit der Angel!
Sonst blutet ihr zu spät.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Die Forelle von Christian Friedrich Daniel Schubart

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Forelle“ von Christian Friedrich Daniel Schubart schildert zunächst eine scheinbar harmlose Szene: In einem klaren Bach schwimmt eine Forelle, beobachtet von einem Fischer und einem unbeteiligten Betrachter. Die idyllische Naturbeschreibung schlägt jedoch bald in eine moralische Lehre um, indem der Fischer das Wasser absichtlich trübt, um die Forelle leichter fangen zu können.

Schubart nutzt die Szene als Gleichnis. Die Forelle symbolisiert die Unschuld und Sorglosigkeit der Jugend, während der Fischer für Verführung und Betrug steht. Die klare, helle Welt des Baches entspricht einer heilen Lebenswelt, die jedoch leicht durch tückische Einflüsse zerstört werden kann. Besonders auffällig ist der Gegensatz zwischen der Unschuld der Forelle und der Berechnung des Fischers, der mit „kaltem Blute“ auf seine Gelegenheit lauert.

Im letzten Teil wendet sich das Gedicht explizit an junge Mädchen. Aus der Naturbeobachtung wird eine Mahnung: Wer die Zeichen der Gefahr nicht erkennt und sich nicht rechtzeitig entzieht, wird – wie die Forelle – Opfer von Täuschung und Übergriff. Schubart verknüpft dabei Naturbild und Lebenslehre auf kunstvolle Weise und spricht damit gesellschaftliche Vorstellungen von weiblicher Tugend und Vorsicht an.

Insgesamt verbindet „Die Forelle“ eine eingängige, volksnahe Sprache mit einer doppelten Ebene: der idyllischen Erzählung und der dahinterliegenden warnenden Moral. Möchtest du auch eine kurze Bemerkung dazu, wie Schubarts Version sich von Schuberts späterem Liedtext unterscheidet?

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.