Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, ,

Lyrik

Von

Wie Wellen fallen, wollen wir es halten,
Die ewig springen mit Elan ans Land.
Zwecklos. So sollen immer überrannt
Die dumpfen Dinge sich nach uns gestalten.

Hasse die Unkunst aller Atemalten!
Gebäre Verse – Schreie, nervgespannt!
Lass Worte anglühn in der Reime Brand
Und dunkeln von Gefühl, wenn sie erkalten.

Schreib kräftig, grade; gib dem Worte viel,
Dem Vers die Worte wie der Brücke Joche.
Die runde Zahl der Tage ist die Woche!

Arbeite und forciere deinen Stil!
Bete zu Nietzsche! Spanne dich mit Verven
Des Croisset-Christus, Jesus unsrer Nerven.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Lyrik von Paul Boldt

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Lyrik“ von Paul Boldt ist ein Manifest des lyrischen Schaffens, das den Dichter als einen kämpferischen, fast selbstzerstörerischen Künstler darstellt, der gegen die Unvollkommenheit der Welt und der Kunst ankämpft. Zu Beginn wird der Wunsch des Sprechers nach einer Kunst beschrieben, die „Wellen fallen“ lässt und mit „Elan ans Land“ springt – ein Bild von ständigem, unaufhörlichem Schaffen und Drängen. Doch das Gedicht erkennt die Zwecklosigkeit dieses ständigen Strebens an, indem es die „dumpfen Dinge“ anführt, die sich „nach uns gestalten“ und in der ständigen Überwältigung durch die Kunst ihren Sinn verlieren.

Die zweite Strophe richtet sich gegen die „Unkunst aller Atemalten“, also gegen jede Kunst, die als unoriginal oder nicht authentisch empfunden wird. Der Sprecher fordert, Verse zu gebären und in der Intensität des Schreiens ein Gefühl zu vermitteln, das von „Gefühl“ durchdrungen, aber letztlich auch „erkaltet“ ist. Die „Worte anglühn in der Reime Brand“ deuten darauf hin, dass wahre Kunst ein heftiges, fast feuriges Streben nach Ausdruck ist, aber auch mit der Gefahr einhergeht, dass diese Leidenschaft letztlich in der Kälte der Verstehenslosigkeit endet.

In der dritten Strophe fordert der Sprecher zu einer klaren, ungeschönten Schreibweise auf. Die „kräftigen, grade“ Worte sollen dem „Vers“ die Substanz und Festigkeit einer „Brücke“ verleihen, wobei die „Joche“ als Metapher für Stabilität und Beständigkeit in der Sprache dienen. Die „runde Zahl der Tage“ wird mit der „Woche“ in Verbindung gebracht, was eine Vorstellung von einem geordneten, regelmäßigen Ablauf des kreativen Schaffens vermittelt – eine Disziplin und Struktur, die der Gedichteschreiber in seiner Arbeit benötigt.

Die abschließende Strophe fordert den Dichter auf, sich mit einer intensiven „Vervens“ zu bemühen und sich von großen Philosophen wie Nietzsche und spirituellen Führern wie „Croisset-Christus“ zu inspirieren, was eine Mischung aus philosophischer Tiefe und emotionaler Anspannung zeigt. Der Verweis auf „Jesus unsrer Nerven“ bringt eine dramatische, fast religiöse Dimension in das Gedicht, was den Kampf des Künstlers als eine spirituelle Suche nach Wahrheit und Ausdruck darstellt. Es wird deutlich, dass der kreative Akt nicht nur ein Handwerk, sondern ein existenzieller Akt der Auseinandersetzung mit sich selbst und der Welt ist.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.