Verschenkt Herz
Du bist nicht Gast. Du wohnst in mir.
Hast nicht nur Rast. Hast Bleibe hier.
Hier steht deine Wiege. Hier zäunt dein Geheg.
Hier steilt dir Stiege. Hier mündet dein Weg.
Hier hält dich Helle. Hier hüllt dich Nacht.
Im Brunn quickt Quelle. Speicher füllt Fracht.
Geh aus. Geh ein. Sei unverhofft.
Dein Haus dir offen. Komm gern. Komm oft.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Verschenkt Herz“ von Hans Schiebelhuth beschreibt die tiefste Form der Gastfreundschaft und des inneren Willkommens, das über die bloße Aufnahme eines Gastes hinausgeht. Zu Beginn wird der „Du“-Angesprochene nicht als Gast, sondern als jemand beschrieben, der „in mir wohnt“, was eine innige, beinahe unauflösliche Bindung zwischen dem lyrischen Ich und der angesprochenen Person zeigt. Diese Person hat nicht nur „Rast“, sondern eine „Bleibe“ im Inneren des Ichs gefunden. Die „Wiege“ und das „Geheg“ symbolisieren eine Herkunft, einen sicheren Ort, der tief mit der Identität des Ichs verwoben ist.
Die zweite Strophe vertieft dieses Bild der Geborgenheit und des Schutzes. Die „Stiege“ und der „Weg“ verweisen auf die Möglichkeiten und Wege, die der geliebte Mensch in dieser inneren Welt des lyrischen Ichs betreten kann. Es gibt keine Begrenzung oder Barriere für das Kommen und Gehen dieser Person – das Haus steht offen, und der Weg führt immer weiter. Diese Offenheit symbolisiert nicht nur physische, sondern auch emotionale Zugänglichkeit, die das Herz des lyrischen Ichs für den anderen bereithält.
Im weiteren Verlauf des Gedichts verschmilzt der Raum des Ichs mit den elementaren Kräften von Licht und Dunkelheit. „Helle“ und „Nacht“ sind die Gegensätze, die gleichzeitig präsent sind und den Raum durchziehen, den das lyrische Ich bietet. Der „Brunn“ und die „Quelle“ als Symbole für Erneuerung und Fruchtbarkeit verstärken das Bild der inneren Fülle, die jederzeit zur Verfügung steht. Der „Speicher“, der „Fracht füllt“, lässt sich als Speicher des Wissens, der Emotionen oder der Erinnerungen interpretieren, der für den geliebten Menschen immer zugänglich ist.
Der abschließende Vers, „Geh aus. Geh ein. Sei unverhofft. Dein Haus dir offen. Komm gern. Komm oft“, stellt die bedingungslose Einladung dar, jederzeit zurückzukehren, ohne Zögern oder Einschränkungen. Das „Haus“ ist nicht nur ein physischer Raum, sondern ein symbolischer Ort der Heimat, des Vertrauens und der bedingungslosen Annahme. Der poetische Ausdruck dieser Einladung verdeutlicht eine tiefe, aufrichtige Liebe, die sich in einer ständigen Bereitschaft manifestiert, den anderen willkommen zu heißen.
Schiebelhuths „Verschenkt Herz“ ist ein Gedicht über die Offenheit und Bereitschaft des lyrischen Ichs, dem anderen einen Ort des Zufluchts, des Verständnisses und der Zugehörigkeit zu bieten. Es geht um bedingungslose Akzeptanz und eine Einladung zur ständigen Nähe und Verbindung.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.