Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , , , , ,

Der Pokal

Von

Wär‘ ich noch der alte Lacher,
Der ich war in jener Zeit,
Da das Glück zu hundertfacher
Lust uns jeden Tag geweiht;

Wär‘ ich, wie in jenen Bonner
Jahren noch des Frohsinns voll,
Da bald säuselnd, bald wie Donner
Unser Rundgesang erscholl:

Sicher hätt‘ ich mit dem Danke,
Teure Freunde, nicht gesäumt,
Für den Becher samt dem Tranke,
Der in seinem Kelche schäumt!

Mich vergangner Lust zu mahnen,
Schickt ihr diesen Festpokal,
Jenen gleich, daraus die Ahnen
Sich gelabt beim Freudenmahl.

O fürwahr, der alten Zecher
Ist der mächtig große wert;
Frundsberg hätte solchen Becher
Wohl auf einen Zug geleert.

Götz auch, dem der Wein nicht kärger
Floß nach Fehde und Gefecht,
Hat vielleicht im Heidelberger
Hirsch aus solchem Maß gezecht.

Doch, Geliebte, draus zu nippen
Muss man froh wie jene sein;
Ich mit meinen blassen Lippen
Würde diesen Kelch entweihn.

Nicht für mich der Kreis der Trinker,
Wenn ums Haupt der Kranz sich schlingt
Und zu Rechter und zu Linker
Becher an den Becher klingt!

Leert‘ ich doch die letzte Hefe
In dem Wermutkelch des Seins;
O, wie krönt‘ ich noch die Schläfe
Mit dem frischen Grün des Hains?

Die nicht, die aus grünem Moose,
Aus der Blätter Fülle glänzt,
Mir geziemt die weiße Rose,
Dass sie meine Stirn bekränzt.

Und so mahn‘ ich, liebe Geber,
Euch in diesem trüben Dank
An die Alten, die auf Gräber
Gossen einen Opfertrank.

Bald an meinem ernsten Male
Türmt der Herbst sein welkes Laub;
Gießt mir dann aus dem Pokale
Eine Spende in den Staub!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Pokal von Adolf Friedrich von Schack

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Pokal“ von Adolf Friedrich von Schack thematisiert auf bewegende Weise die Vergänglichkeit der Jugend, der Lebensfreude und des Glücks. Ausgangspunkt ist ein festlich überreichter Pokal, der Erinnerungen an fröhliche, unbeschwerte Zeiten weckt, die jedoch für das lyrische Ich unwiderruflich der Vergangenheit angehören.

In den ersten Strophen erinnert sich der Sprecher an seine unbeschwerte Studentenzeit in Bonn, geprägt von Fröhlichkeit, Gesang und ausgelassenem Zusammensein. Der Pokal, den die Freunde ihm senden, wird zum Symbol dieser goldenen Tage. Doch während der Becher äußerlich zum Feiern einlädt, spürt das lyrische Ich schmerzlich seine Entfremdung von dieser alten Lebensfreude.

In der Mitte des Gedichts werden historische Figuren wie Frundsberg und Götz von Berlichingen erwähnt, die für Stärke, Lebenslust und ungebrochene Vitalität stehen. Doch das lyrische Ich fühlt sich diesen kraftvollen Vorbildern nicht mehr verwandt. Stattdessen betont es seine eigene Schwäche: Mit „blassen Lippen“ und ohne Frohsinn wäre es dem Pokal und seinem Inhalt nicht mehr würdig.

Im letzten Teil des Gedichts überwiegt die Melancholie. Das lyrische Ich lehnt die fröhlichen Trinksitten ab und sieht sich bereits dem Tod näher als dem Leben. Der Wunsch nach einem stillen, fast rituellen Opfer aus dem Pokal auf sein zukünftiges Grab verleiht dem Gedicht einen feierlichen, ernsten Schluss. Die weiße Rose als Symbol der Reinheit und des Todes ersetzt den Lebenskranz des frischen Grüns und unterstreicht den endgültigen Abschied von der Lebensfreude.

Möchtest du, dass ich auch eine kurze sprachliche Analyse zu den verwendeten Bildern und Symbolen anbiete?

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.