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Das Grab

Von

Das Grab ist tief und stille,
Und schauderhaft sein Rand;
Es deckt mit schwarzer Hülle
Ein unbekanntes Land.

Das Lied der Nachtigallen
Tönt nicht in seinem Schoß;
Der Freundschaft Rosen fallen
Nur auf des Hügels Moos.

Verlaßne Bräute ringen
Umsonst die Hände wund;
Der Waise Klage dringen
Nicht in der Tiefe Grund.

Doch, sonst an keinem Orte
Wohnt die ersehnte Ruh‘;
Nur durch die dunkle Pforte
Geht man der Heimat zu.

Das arme Herz, hienieden
Von manchem Sturm bewegt,
Erlangt den wahren Frieden
Nur, wo es nicht mehr schlägt.

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Gedicht: Das Grab von Johann Gaudenz von Salis-Seewis

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Das Grab“ von Johann Gaudenz von Salis-Seewis beschäftigt sich mit dem Tod und beschreibt das Grab als Schwelle zu einer ersehnten Ruhe. In ruhigem, ernsten Ton entfaltet das lyrische Ich eine Vorstellung des Todes, die gleichermaßen von Schauder und Trost geprägt ist.

Die ersten beiden Strophen heben die Fremdheit und Unerreichbarkeit des Todesreiches hervor. Das Grab wird als „tief und stille“ beschrieben, sein Rand wirkt „schauderhaft“. In diesem unbekannten Land herrscht eine völlige Trennung von den Freuden des Lebens – weder der Gesang der Nachtigallen noch die Zeichen von Freundschaft und Liebe können die Grabesruhe erreichen.

Besonders eindrucksvoll ist die Darstellung menschlicher Trauer: Verlassene Bräute und weinende Waisen bleiben mit ihrem Schmerz außen vor, ihre Klagen dringen nicht bis in die Tiefe des Grabes. Damit wird die völlige Abgeschiedenheit des Toten von den Lebenden betont, ein Bild radikaler Trennung.

Trotz dieser düsteren Bilder schlägt das Gedicht eine Wendung ins Tröstliche. Es ist gerade das Grab – und nur das Grab –, das die ersehnte Ruhe bietet. Nur durch die „dunkle Pforte“ kann man in die eigentliche Heimat gelangen. In den letzten Versen wird der Tod als Befreiung von den Stürmen des irdischen Lebens dargestellt: Das arme, von Unruhe gezeichnete Herz findet seinen wahren Frieden erst im Tod, wo es „nicht mehr schlägt“.

Möchtest du auch eine kurze Deutung dazu, wie sich dieses Todesbild von anderen zeitgenössischen Darstellungen unterscheidet?

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.