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Italia

Von

I.

Früh‘ hab‘ ich deinen Boden schon betreten,
Noch eh‘ du meinem Geiste konntest frommen;
Doch sahst du mich in Sehnsucht wiederkommen-
Und still den Mann zu deinen Wundern beten.

O hehre Schauer, die mich da umwehten!
O heil’ge Gluthen, die mich da durchglommen,
Als deine Schönheit ganz ich aufgenommen
In Land und Stadt, in Meistern und Propheten!

Doch allgemach beim ernsten Gang der Zeiten,
Wo es zu siegen galt in Kampfesstunden,
Sah ich dich ferner stets und ferner gleiten.

Und jetzt, da schon, zu Schwärmen rings verbunden,
Die Menschen eilen, laut dich zu beschreiten,
Bist du, verdämmernd, meinem Blick entschwunden.

II.

Ja, And’re mögen deine Galerien
Durcheilen, deine Dome und Paläste
Bestaunen jetzt als red’gewandte Gäste,
Die ihrer eig’nen Leere gern entfliehen.

Zu jener Reife bin ich längst gediehen,
Die sich nicht kümmert mehr um neue Reste;
Was ich geschaut, das Höchste und das Beste,
Ward längst in mir zu ew’gen Harmonien.

Lebendig sind mir Raphaels Madonnen
Und Agnolo’s gewaltige Naturen:
Sie wandeln um mich her im Licht der Sonnen.

Wohin ich blicke, find‘ ich Schönheitsspuren-
Und so beglücken mich Erkenntnißwonnen
Bei jedem Tritt auf heimatlichen Fluren.

III.

Nach dir allein, du Zauberstadt im Meere,
Nach dir, Venezia, faßt mich noch ein Sehnen;
O könnt‘ ich still an deinen Brücken lehnen,
Du menschenvolle – und doch menschenleere!

Was deine Hoheit auch an Glanz entbehre
Vergang’ner Zeiten, nichtig muß ich’s wähnen;
Wie lieb‘ ich dich mit deinen dunklen Kähnen,
Die heut‘ noch des Genusses schönste Fähre!

Du bist der Ort für müde Lebensschwingen,
Die gern in deinen märchenhaften Räumen
Zu leisem Fluge noch empor sich ringen.

Du bist der Ort für letztes Becherschäumen:
So möcht‘ auch ich in dir ein Lied noch singen
Und einer letzten Liebe Traum noch träumen.

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Gedicht: Italia von Ferdinand Ludwig Adam von Saar

Kurze Interpretation des Gedichts

Italia von Ferdinand Ludwig Adam von Saar

I.

Früh‘ hab‘ ich deinen Boden schon betreten,
Noch eh‘ du meinem Geiste konntest frommen;
Doch sahst du mich in Sehnsucht wiederkommen-
Und still den Mann zu deinen Wundern beten.

O hehre Schauer, die mich da umwehten!
O heil’ge Gluthen, die mich da durchglommen,
Als deine Schönheit ganz ich aufgenommen
In Land und Stadt, in Meistern und Propheten!

Doch allgemach beim ernsten Gang der Zeiten,
Wo es zu siegen galt in Kampfesstunden,
Sah ich dich ferner stets und ferner gleiten.

Und jetzt, da schon, zu Schwärmen rings verbunden,
Die Menschen eilen, laut dich zu beschreiten,
Bist du, verdämmernd, meinem Blick entschwunden.

II.

Ja, And’re mögen deine Galerien
Durcheilen, deine Dome und Paläste
Bestaunen jetzt als red’gewandte Gäste,
Die ihrer eig’nen Leere gern entfliehen.

Zu jener Reife bin ich längst gediehen,
Die sich nicht kümmert mehr um neue Reste;
Was ich geschaut, das Höchste und das Beste,
Ward längst in mir zu ew’gen Harmonien.

Lebendig sind mir Raphaels Madonnen
Und Agnolo’s gewaltige Naturen:
Sie wandeln um mich her im Licht der Sonnen.

Wohin ich blicke, find‘ ich Schönheitsspuren-
Und so beglücken mich Erkenntnißwonnen
Bei jedem Tritt auf heimatlichen Fluren.

III.

Nach dir allein, du Zauberstadt im Meere,
Nach dir, Venezia, faßt mich noch ein Sehnen;
O könnt‘ ich still an deinen Brücken lehnen,
Du menschenvolle – und doch menschenleere!

Was deine Hoheit auch an Glanz entbehre
Vergang’ner Zeiten, nichtig muß ich’s wähnen;
Wie lieb‘ ich dich mit deinen dunklen Kähnen,
Die heut‘ noch des Genusses schönste Fähre!

Du bist der Ort für müde Lebensschwingen,
Die gern in deinen märchenhaften Räumen
Zu leisem Fluge noch empor sich ringen.

Du bist der Ort für letztes Becherschäumen:
So möcht‘ auch ich in dir ein Lied noch singen
Und einer letzten Liebe Traum noch träumen.

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Lizenz und Verwendung

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