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Aus der Jugendzeit

Von

Aus der Jugendzeit, aus der Jugendzeit
Klingt ein Lied mir immerdar;
O wie liegt so weit, o wie liegt so weit,
Was mein einst war!

Was die Schwalbe sang, was die Schwalbe sang,
Die den Herbst und Frühling bringt;
Ob das Dorf entlang, ob das Dorf entlang
Das jetzt noch klingt?

„Als ich Abschied nahm, als ich Abschied nahm,
Waren Kisten und Kasten schwer;
Als ich wieder kam, als ich wieder kam,
War alles leer.“

O du Kindermund, o du Kindermund,
Unbewußter Weisheit froh,
Vogelsprachekund, vogelsprachekund
Wie Salomo!

O du Heimatflur, o du Heimatflur,
Laß zu deinem heil’gen Raum
Mich noch einmal nur, mich noch einmal nur
Entfliehn im Traum!

Als ich Abschied nahm, als ich Abschied nahm,
War die Welt mir voll so sehr;
Als ich wieder kam, als ich wieder kam,
War alles leer.

Wohl die Schwalbe kehrt, wohl die Schwalbe kehrt,
Und der leere Kasten schwoll,
Ist das Herz geleert, ist das Herz geleert,
Wird’s nie mehr voll.

Keine Schwalbe bringt, keine Schwalbe bringt
Dir zurück, wonach du weinst;
Doch die Schwalbe singt, doch die Schwalbe singt
Im Dorf wie einst:

„Als ich Abschied nahm, als ich Abschied nahm,
Waren Kisten und Kasten schwer;
Als ich wieder kam, als ich wieder kam,
War alles leer.“

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Gedicht: Aus der Jugendzeit von Friedrich Rückert

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Aus der Jugendzeit“ von Friedrich Rückert thematisiert die tiefe Melancholie über den unwiederbringlichen Verlust der Kindheit und der heimatlichen Geborgenheit. Es kreist um die Erinnerung an eine vergangene Welt, die voller Fülle und Glück war, nun aber als leer und unerreichbar erscheint. Der immer wiederkehrende Refrain über das Abschiednehmen und die Leere nach der Rückkehr unterstreicht den unwiderruflichen Charakter dieser Verlusterfahrung.

Zentrale Motive des Gedichts sind die Schwalbe und der Kindermund. Die Schwalbe, Symbol für den Wechsel der Jahreszeiten und die Wiederkehr der Natur, kontrastiert mit der inneren Leere des lyrischen Ichs, das trotz äußerlicher Wiederholungen (wie dem Gesang der Schwalben) seine verlorene Jugend nicht zurückgewinnen kann. Der Kindermund steht für unbewusste Weisheit und Unschuld, die dem Erwachsenen unwiederbringlich verloren gegangen ist.

Rückert verwendet eine einfache, volksliedhafte Sprache mit vielen Wiederholungen, die sowohl den Klang einer Erinnerung nachbildet als auch die Monotonie und Endgültigkeit des Verlustes verstärkt. Besonders die kreisförmige Struktur der Strophen, in der Vergangenes und Gegenwärtiges immer wieder verglichen werden, verleiht dem Gedicht eine wehmütige, fast resignative Stimmung.

Insgesamt zeichnet „Aus der Jugendzeit“ ein Bild der Vergänglichkeit, in dem Heimat und Kindheit zu Sehnsuchtsorten werden, die das lyrische Ich nur noch im Traum betreten kann. Die emotionale Kraft des Gedichts liegt in seiner schlichten Sprache und der universellen Erfahrung, dass bestimmte Zeiten und Gefühle im Leben unwiederbringlich verloren gehen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.