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Der Panther

Von

Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müde geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein grosser Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Panther von Rainer Maria Rilke

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Panther“ von Rainer Maria Rilke beschreibt eindrucksvoll die Gefangenschaft eines Panthers im Jardin des Plantes in Paris und fängt dabei die innere Verzweiflung und Resignation des Tieres ein. Zu Beginn wird der „Blick“ des Panthers eingeführt, der durch das ständige Vorübergehen der „Stäbe“ – die Gitterstäbe des Käfigs – ermüdet ist. Der Panther scheint in einem Zustand der völligen Desillusionierung zu sein, da ihm „hinter tausend Stäben keine Welt“ mehr existiert. Diese Zeilen zeigen das Bild eines Tieres, das nicht mehr in der Lage ist, die Welt außerhalb seines Gefängnisses wahrzunehmen, was auf seine totale Entfremdung und Verzweiflung hinweist.

Der zweite Abschnitt beschreibt den „weichen Gang“ des Panthers, der sich „im allerkleinsten Kreise dreht“. Dieses Bild vermittelt die Monotonie und Ausweglosigkeit seiner Bewegung. Der Panther, einst ein Symbol für Freiheit und Stärke, bewegt sich nun wie in einem „Tanz von Kraft um eine Mitte“, die seine Gefangenschaft darstellt. Der „große Wille“, der in der Mitte „betäubt“ steht, verweist auf die unerfüllte Sehnsucht des Tieres nach Freiheit, die durch die Enge seines Lebensraumes erstickt wird. Diese Darstellung unterstreicht das innere Spannungsfeld zwischen seiner natürlichen Kraft und der Ohnmacht, die durch die Gefangenschaft hervorgerufen wird.

Der dritte Abschnitt bringt eine plötzliche Veränderung, als sich der „Vorhang der Pupille“ „lautlos aufschiebt“. Dies könnte als Moment der Hoffnung oder der Erinnerung an eine frühere Freiheit interpretiert werden. In diesem Moment fließt ein „Bild“ in den Panther, das durch die „angespannte Stille“ seiner Glieder geht und „im Herzen aufhört zu sein“. Das Bild könnte eine Vision der Freiheit oder ein Moment der inneren Befreiung darstellen, der jedoch nur kurz und flüchtig ist. Der Verlust dieses Moments, in dem das Bild „aufhört zu sein“, spiegelt die tiefe Verzweiflung und die Unmöglichkeit einer echten Flucht aus der Gefangenschaft wider.

Insgesamt vermittelt das Gedicht die tiefgreifende Tragik der Gefangenschaft, sowohl auf physischer als auch auf emotionaler Ebene. Der Panther steht als Symbol für das Leben in Freiheit, das durch die Enge und die Beschränkungen der Zivilisation zerstört wird. Rilke fängt die Tragik und die Ohnmacht des Tieres ein und stellt die Frage nach der Bedeutung von Freiheit und Gefangenschaft, die über die körperliche Existenz hinausgeht.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.