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Aus einem April

Von

Wieder duftet der Wald.
Es heben die schwebenden Lerchen
mit sich den Himmel empor, der unseren Schultern schwer war;
zwar sah man noch durch die Äste den Tag, wie er leer war,-
aber nach langen, regnenden Nachmittagen
kommen die goldübersonnten
neueren Stunden,
vor denen flüchtend an fernen Häuserfronten
alle die wunden
Fenster furchtsam mit Flügeln schlagen.

Dann wird es still. Sogar der Regen geht leiser
über der Steine ruhig dunkelnden Glanz.
Alle Geräusche ducken sich ganz
in die glänzenden Knospen der Reiser.

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Gedicht: Aus einem April von Rainer Maria Rilke

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Aus einem April“ von Rainer Maria Rilke schildert eine Atmosphäre der Erneuerung und der langsamen Befreiung von der Schwere, die der Frühling mit sich bringt. Zu Beginn wird die „Wiederkehr des Duftes im Wald“ beschrieben, was die Rückkehr des Lebens nach der Winterruhe symbolisiert. Die Lerchen, die „mit sich den Himmel empor heben“, stehen für die Leichtigkeit und die Aufwärtsbewegung, die das neue Leben mit sich bringt, nachdem der „Himmel“ zuvor schwer auf den Schultern lag. Die „Lerchen“ sind die ersten Zeichen des Frühlings, die den „schweren“ Tag mit ihrer Leichtigkeit vertreiben.

Trotz dieser frischen Erhebung bleibt jedoch eine gewisse Schwere spürbar, die durch den „leeren“ Tag und die „langen, regnenden Nachmittage“ angedeutet wird. Der Regen, der die Natur noch in seinem Bann hält, bringt ein Bild der Vergänglichkeit und der melancholischen Rückschau. Doch diese Melancholie wird von den „goldübersonnten“ Stunden abgelöst, die eine neue Hoffnung und Energie versprechen. Diese Stunden treten als eine Art Wendepunkt in Erscheinung, vor denen „flüchtend“ die „wunden Fenster“ in den Häusern zittern. Diese Fenster, die „mit Flügeln schlagen“, könnten als Symbole für verletzte Seelen oder vergängliche Strukturen verstanden werden, die in die frische Luft flüchten wollen.

Der Übergang von der Melancholie zur Stille ist deutlich zu spüren, als der Regen „leiser“ wird und alle Geräusche sich „ducken“ und in den „glänzenden Knospen der Reiser“ verborgen bleiben. Diese Metaphern vermitteln eine intime Verbindung zur Natur, die sich nicht nur in den sichtbaren Veränderungen zeigt, sondern auch in einer inneren Ruhe, die die Frische des Frühlings mit sich bringt. Die Steine, die „ruhig dunkelnden Glanz“ erhalten, zeigen das langsame Aufleuchten der Welt, während die Natur ihre Erneuerung durchlebt.

Insgesamt spiegelt das Gedicht den Übergang von der Kälte und der Trübung des Winters hin zur Klarheit und Leichtigkeit des Frühlings wider. Rilke fängt die zarten, fast unsichtbaren Veränderungen ein, die im Frühling stattfinden, und lässt uns die stille, heilende Kraft der Natur spüren, die alles von der Schwere des Lebens befreit und in einen Zustand der Ruhe und des Wachstums überführt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.