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Es liegt an eines Menschen Schmerz

Von

Es liegt an eines Menschen Schmerz, an eines Menschen Wunde nichts,
es kehrt an das, was Kranke quält, sich ewig der Gesunde nichts!
Und wäre nicht das Leben kurz, das stets der Mensch vom Menschen erbt,
so gäb’s Beklagenswerteres auf diesem weiten Runde nichts!
Einförmig stellt Natur sich her, doch tausendförmig ist ihr Tod,
es fragt die Welt nach meinem Ziel, nach deiner letzten Stunde nichts;
und wer sich willig nicht ergibt dem ehrnen Lose, das ihm dräut,
der zürnt ins Grab sich rettungslos und fühlt in dessen Schlunde nichts;
dies wissen alle, doch vergißt es jeder gerne jeden Tag.
So komme denn, in diesem Sinn, hinfort aus meinem Munde nichts!
Vergeßt, daß euch die Welt betrügt und daß ihr Wunsch nur Wünsche zeugt,
laßt eurer Liebe nichts entgehn, entschlüpfen eurer Kunde nichts!
Es hoffe jeder, daß die Zeit ihm gebe, was sie keinem gab,
denn jeder sucht ein All zu sein und jeder ist im Grunde nichts.

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Gedicht: Es liegt an eines Menschen Schmerz von August von Platen

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Es liegt an eines Menschen Schmerz“ von August von Platen ist eine philosophische Reflexion über die Vergänglichkeit des Lebens, das menschliche Streben nach Bedeutung und die Illusion von Wert und Ziel im Leben. In der ersten Strophe stellt der Dichter die existenzielle Frage, warum der Schmerz des Einzelnen so bedeutend scheint, wenn er doch letztlich nichts an der größeren Ordnung des Lebens verändert. Der „Schmerz“ und die „Wunde“ des Menschen erscheinen unbedeutend, da sie, obwohl sie quälen, keinen bleibenden Einfluss auf die Welt haben. Der Mensch bleibt in seinem Leid letztlich unbedeutend, und in der Endlichkeit des Lebens, das „kurz“ ist, wird der Schmerz relativiert. Es ist ein Kommentar zur Zerbrechlichkeit des Menschen und der Bedeutungslosigkeit seiner individuellen Qualen im Angesicht des Kosmos.

Die zweite Strophe betont die Unvermeidlichkeit des Todes. „Einförmig stellt sich Natur her“ – die Natur folgt einem festen, unveränderlichen Rhythmus, doch „tausendförmig ist ihr Tod“. Dies stellt die Vielgestaltigkeit des menschlichen Lebens und die Vielzahl von Wegen, auf denen der Tod eintritt, dar. Gleichzeitig wird in der Frage „Es fragt die Welt nach meinem Ziel, nach deiner letzten Stunde nichts“ die fundamentale Bedeutungslosigkeit der menschlichen Existenz angesprochen. Die Welt interessiert sich nicht für das individuelle Leben und seinen Verlauf, sondern setzt das Leben eines jeden Menschen in den Kontext der Unendlichkeit, die letztlich alle Individuen zu „nichts“ werden lässt.

In der dritten Strophe spricht der Dichter von der Resignation des Menschen vor dem „ehrnen Los“, dem er sich nicht entziehen kann. Wer sich nicht dem Tod hingibt, wer sich gegen sein unvermeidliches Ende auflehnt, „zürnt ins Grab sich rettungslos“. Hier wird der Widerstand gegen den Tod als vergeblich dargestellt, was eine tiefe Pessimismus über das menschliche Bestreben nach Kontrolle über das eigene Leben und Schicksal widerspiegelt. Der „Schlund“ des Grabes – eine Metapher für den Tod – ist unaufhaltsam und nimmt alles, was sich ihm widersetzt.

Die vierte Strophe führt eine bittere Schlussfolgerung ein: Alle wissen um die Wahrheit der Vergänglichkeit, doch jeder Mensch vergisst diese Weisheit täglich, lebt in der Illusion, es gebe eine Bedeutung, die über das tägliche Leben hinausgeht. Der Dichter fordert in diesem Sinne den Leser dazu auf, sich dieser Wahrheit zu stellen und gleichzeitig die Welt mit einer gewissen Gleichgültigkeit gegenüber den Täuschungen zu betrachten. In einem fatalistischen Ton wird der Wunsch geäußert, dass jeder Mensch hoffte, „dass die Zeit ihm gebe, was sie keinem gab“, doch das Leben bleibt für den Einzelnen unvollständig und nie erfüllt. Der Gedichtschluss „denn jeder sucht ein All zu sein und jeder ist im Grunde nichts“ stellt eine endgültige und nihilistische Sichtweise dar: Der Mensch strebt nach Bedeutung und Größe, doch letztlich ist er in seiner Essenz „nichts“.

Das Gedicht von Platen ist eine tiefe Reflexion über den Sinn des Lebens, die menschliche Existenz und das unvermeidliche Ende, das alle Menschen erwartet. Es fordert die Leser auf, sich der Vergänglichkeit und der Sinnlosigkeit der eigenen Existenz zu stellen, ohne falsche Hoffnungen auf eine größere Bedeutung oder einen bleibenden Einfluss zu hegen. Der Mensch wird hier als ein vorübergehendes Wesen gezeigt, das sowohl in seinen Freuden als auch in seinen Schmerzen letztlich nur ein flüchtiger Teil des unaufhaltsamen natürlichen Prozesses ist.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.