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Letzter Wille

Von

So sterben,
wie ich ihn einst sterben sah -,
den Freund, der Blitze und Blicke
göttlich in meine dunkle Jugend warf:
– mutwillig und tief,
in der Schlacht ein Tänzer -,

unter Kriegern der Heiterste,
unter Siegern der Schwerste,
auf seinem Schicksal ein Schicksal stehend,
hart, nachdenklich, vordenklich -:

erzitternd darob,
dass
er siegte,
jauchzend darüber, daß er
sterbend
siegte -:

befehlend, indem er starb,
– und er befahl, dass man
vernichte

So sterben,
wie ich ihn einst sterben sah:
siegend,
vernichtend

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Gedicht: Letzter Wille von Friedrich Nietzsche

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Letzter Wille“ von Friedrich Nietzsche stellt eine eindrucksvolle Reflexion über Leben, Tod und den heroischen Tod eines Freundes dar. Zu Beginn des Gedichts beschreibt der Sprecher das Bild eines Freundes, der in einer außergewöhnlichen Art und Weise gestorben ist, die sowohl mit Stolz als auch mit einer gewissen Dunkelheit verbunden ist. Der Freund, der in der „dunklen Jugend“ des Sprechers eine prägende Rolle spielte, wird als jemand dargestellt, der „Blitze und Blicke“ in diese Zeit warf, was auf seine leidenschaftliche und inspirierende Persönlichkeit hinweist. Er ist ein „Tänzer in der Schlacht“, was auf eine gewisse Leichtigkeit und Grazie im Angesicht von Kämpfen und Schwierigkeiten hindeutet.

In der zweiten Strophe wird der Freund weiter beschrieben, als jemand, der sowohl in seiner Heiterkeit als auch in seiner Schwere einzigartig war. Unter Kriegern war er der „Heiterste“, doch als Sieger trug er die Schwere des Schicksals, das er mit nachdenklicher Tiefe begleitete. Nietzsche hebt hier die Vielschichtigkeit des Charakters des Freundes hervor, der sowohl in der Freude als auch in der Ernsthaftigkeit und Verantwortung seiner Rolle als Sieger und Kämpfer lebte. Er steht „auf seinem Schicksal ein Schicksal stehend“, was darauf hindeutet, dass er das Schicksal nicht nur akzeptierte, sondern es in einer Art Überwindung und Bewusstheit umarmte.

Die dritte Strophe beschreibt das paradoxe Gefühl des Freundes beim Sieg und Tod: Er „zitterte“ und „jauchzte“ zugleich. Dies symbolisiert das Ambivalente des Sieges, der sowohl Freude als auch das Bewusstsein über die Vergänglichkeit und die Unausweichlichkeit des Todes mit sich brachte. Der Freund „befahl, dass man vernichte“, was auf die Entschlossenheit hinweist, dass sein Tod als ein Akt des Siegens und der Zerstörung der Weltordnung verstanden werden soll. Nietzsche stellt hier eine Philosophie des Sterbens dar, in der der Tod nicht als ein Ende, sondern als ein Akt des Siegens und der Vervollkommnung verstanden wird.

Abschließend fordert der Sprecher, dass man „so sterbe, wie ich ihn einst sterben sah“, was als ein Aufruf zu einem heroischen, bewussten Tod verstanden werden kann, der sowohl das Leben als auch den Tod in seiner vollen Intensität und Bedeutung erfährt. Der Tod des Freundes wird als ein Akt der Selbstbestimmung und der Überwindung von Grenzen dargestellt, ein heroischer Tod, der sich durch seine eigene Existenz und den Sieg über das Leben selbst auszeichnet. Nietzsche vermittelt hier eine Vision des Todes als einen aktiven, kämpferischen und gestaltenden Moment, der tief mit der Philosophie des Übermenschen und der Selbstverwirklichung verbunden ist.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.