Lied
Lass ab mit deinen Blicken –
nicht können sie fortan
mich fester noch umstricken,
als sie es schon getan.
Lass ab mit deinen Worten,
die schmeichelnd mich betört, –
mein Ohr doch allerorten
nur deine Stimme hört.
Lass ab mit deinen Küssen, –
mein Herz pocht bang und schwer:
ich hab dich lieben müssen
und seh kein Ende mehr …
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Lied“ von Clara Müller-Jahnke beschreibt eine innige, aber auch belastende Liebesbeziehung, die von den Gefühlen der Sprecherin geprägt ist. Zu Beginn fordert sie den geliebten Menschen auf, mit seinen Blicken abzusehen, da diese sie bereits gefangen genommen haben. Die „Blicke“ symbolisieren dabei eine unaufhaltsame und fast schon zwanghafte Anziehung, die sich nicht weiter verstärken kann.
In der zweiten Strophe widmet sich das Gedicht den Worten des Geliebten, die die Sprecherin ebenfalls in ihren Bann ziehen. Hier steht die Sprache als ein weiteres Werkzeug der Verführung und Kontrolle. Sie betont jedoch, dass ihr Ohr in allen Momenten nur die Stimme des Geliebten hören kann – auch wenn sie sich dieser Worte vielleicht entziehen möchte. Die ständige Präsenz des anderen scheint die Freiheit und die eigenen Gedanken zu ersticken.
Die letzte Strophe konzentriert sich auf die Küssen, die die Sprecherin nicht mehr als Ausdruck von Zuneigung, sondern als Quelle von Angst und innerer Belastung empfindet. Ihr Herz pocht „bang und schwer“, was auf eine emotionale Erschöpfung und das Gefühl hindeutet, in der Liebe zu ersticken. Die Sprecherin ist in ihrer Liebe gefangen und sieht kein Ende dieser quälenden Gefühle mehr.
Das Gedicht beschreibt auf eindrucksvolle Weise den inneren Konflikt zwischen dem tiefen Gefühl der Liebe und der Sehnsucht nach Befreiung. Es zeigt die doppelte Natur der Leidenschaft: Sie kann sowohl beglücken als auch erdrücken. Der Gebrauch von „Lass ab“ am Anfang jeder Strophe verstärkt die Idee, dass die Sprecherin eigentlich von diesen Gefühlen loskommen möchte, jedoch nicht in der Lage ist, sich von ihnen zu befreien.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.