Zum Neuen Jahr
Wie heimlicher Weise
Ein Engelein leise
Mit rosigen Füßen
Die Erde betritt,
So nahte der Morgen.
Jauchzt ihm, ihr Frommen,
Ein heilig Willkommen,
Ein heilig Willkommen!
Herz, jauchze du mit!
In Ihm sei’s begonnen,
Der Monde und Sonnen
An blauen Gezelten
Des Himmels bewegt.
Du, Vater, du rate!
Lenke du und wende!
Herr, dir in die Hände
Sei Anfang und Ende,
Sei alles gelegt!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Zum Neuen Jahr“ von Eduard Mörike feiert den Beginn eines neuen Jahres und setzt diesen Moment in einen symbolischen, fast heiligen Kontext. In der ersten Strophe wird der Morgen, der den Übergang ins neue Jahr markiert, mit einem „Engelein“ verglichen, das „heimlich“ und „leise“ die Erde betritt. Diese Darstellung des Morgens als zartes, fast göttliches Wesen hebt die Bedeutung dieses Moments hervor und verleiht ihm eine mystische, feierliche Atmosphäre. Das Bild der „rosigen Füße“ des Engels verstärkt die Idee der Sanftheit und Reinheit, die mit dem neuen Beginn verbunden sind. Das „Jauchzen“ der Frommen und das wiederholte „heilige Willkommen“ verdeutlichen die Freude und die religiöse Bedeutung, die der Neuanfang für das lyrische Ich und die Gemeinschaft hat.
In der zweiten Strophe wird der Beginn des neuen Jahres als ein kosmischer Akt beschrieben, in dem die Bewegung von Mond und Sonne den Himmel „bewegt“. Diese Bewegung wird als Teil eines göttlichen Plans dargestellt, der das Jahr und die Zeit als göttlich gelenkte Phänomene zeigt. Der „blaue Zelt des Himmels“ vermittelt dabei ein Bild der Unendlichkeit und des Weltraums, der von göttlicher Ordnung beherrscht wird. Diese Darstellung macht deutlich, dass der Beginn des neuen Jahres nicht nur auf einer menschlichen, sondern auch auf einer kosmischen Ebene von Bedeutung ist.
Der Erzähler ruft in der dritten Strophe den „Vater“ (vermutlich Gott) an, um ihm die Führung und das Lenken des neuen Jahres zu übertragen. Es ist eine Bitte um göttliche Weisheit und Schutz für das kommende Jahr. Der Schlussteil, in dem es heißt „Herr, dir in die Hände / Sei Anfang und Ende, / Sei alles gelegt“, bringt die Vorstellung von göttlicher Vorsehung und Kontrolle zum Ausdruck. Das neue Jahr, mit all seinen unbekannten Herausforderungen und Segnungen, wird dem göttlichen Willen anvertraut, was dem Gedicht eine tiefe religiöse und vertrauensvolle Dimension verleiht.
Mörike verknüpft in diesem Gedicht die Themen des Neubeginns, des göttlichen Schutzes und der religiösen Hingabe. Der Übergang ins neue Jahr wird als ein Moment der Hoffnung und des Glaubens an göttliche Führung dargestellt, der sowohl auf persönlicher als auch auf kosmischer Ebene bedeutungsvoll ist. Die sanfte Sprache und die religiösen Bilder verleihen dem Gedicht eine feierliche und vertrauensvolle Atmosphäre, in der das neue Jahr als ein Geschenk und ein göttlicher Plan angesehen wird.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.