Eingelegte Ruder
Meine eingelegten Ruder triefen,
Tropfen fallen langsam in die Tiefen.
Nichts das mich verdroß! Nichts, das mich freute!
Niederrinnt ein schmerzenloses Heute!
Unter mir – ach, aus dem Licht verschwunden –
Träumen schon die schönern meiner Stunden.
Aus der blauen Tiefe ruft das Gestern:
Sind im Licht noch manche meiner Schwestern?
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Eingelegte Ruder“ von Conrad Ferdinand Meyer vermittelt eine Stimmung der Wehmut und des Nachdenkens über die Vergangenheit. Der Sprecher beschreibt das Bild von „eingelegten Ruder[n]“, die „triefen“, was eine klare Metapher für die Untätigkeit oder das Nicht-Handeln darstellt. Die „Tropfen“, die „langsam in die Tiefen“ fallen, verstärken dieses Bild der Passivität und des Vergehens, während sie gleichzeitig auf eine Trennung von der Gegenwart hinweisen. Das „schmerzenlose Heute“ deutet darauf hin, dass der Sprecher zwar das Heute erlebt, jedoch ohne echte Freude oder Schmerz, was auf eine Art innerer Leere oder Resignation hinweist.
Im weiteren Verlauf des Gedichts verschiebt sich der Blick in die Vergangenheit, die als „schöner[en] meiner Stunden“ beschrieben wird. Das Bild des Lichts, das „unter mir“ verschwunden ist, symbolisiert den Verlust der besten Zeiten oder der wahren Freude des Lebens. Die Träume der „schöneren Stunden“ sind bereits in der Tiefe des Vergangenen versunken. Diese Darstellung vermittelt den Eindruck, dass der Sprecher sich von den erlebten Höhepunkten seines Lebens entfernt hat und nun nur noch in der Erinnerung leben kann.
Der Ruf aus der „blauen Tiefe“ des Vergangenen, in dem das „Gestern“ aufgerufen wird, verstärkt die Nostalgie und das Bedauern über das, was verloren ist. Die Frage „Sind im Licht noch manche meiner Schwestern?“ zeigt eine gewisse Ungewissheit und Sehnsucht nach den „Schwestern“ – vielleicht symbolisch für die Freude, die Freiheit oder die Momente des Lebens, die für den Sprecher unerreichbar geworden sind. Diese Zeilen können als eine Suche nach der verlorenen Zeit und den ungenutzten Chancen interpretiert werden.
Meyer nutzt hier auf eindrucksvolle Weise das Bild des Ruders und der Tiefe, um eine melancholische Reflexion über das Vergehen der Zeit und den Verlust der lebendigen Momente zu schaffen. Die Fragen nach dem Verbleib der „Schwestern“ im Licht und der Trostlosigkeit des Heute deuten auf eine existenzielle Krise hin, in der die Gegenwart und das Licht der Freude schwer fassbar erscheinen. Das Gedicht ist ein nachdenkliches Abbild des Verhältnisses zwischen Vergangenheit, Gegenwart und dem Vergänglichen des Lebens.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.