Das letzte Lachen
Wenn hinter dir Jahre versunken sind,
Lange, lange und schwere Jahre;
Wenn zum Manne geworden das spielende Kind,
Der ernsthaft steht an der Jugend Bahre;
Wenn dich öfter und immer öfter erfasst
Ein seltsames, unerklärliches Bangen;
Wenn du spürst, wie das Leben dich schweigend haßt,
Da die Jahre der Freude dahingegangen;
Wenn die Rosen nicht mehr so berauschend blühn
Im Garten, im heimatlichen Garten;
Und die Sterne nicht mehr so verheißend glühn
Deinem Begehren und deinem Erwarten;
Wenn du erkennst, dass alles Flehn
Kein Bote des Glücks war, das du erträumt hast –
Dann wirst du eisig erschaudern, denn sehn
Wirst du, wieviel du verfehlt und versäumt hast!
Dann weißt du: Dein Traum ist für immer vorbei!
Nun kommen die kalten Tage, die wachen…
Noch einmal lachst du. Es klingt wie ein Schrei. –
Das war dein letztes Kinderlachen…
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Das letzte Lachen“ von John Henry Mackay beschreibt auf eindrucksvolle Weise den schmerzlichen Übergang vom Jugend- und Träumeridealismus zum bewussten Erkennen der Realität und der Vergänglichkeit des Lebens. Zu Beginn schildert der Sprecher den Prozess des Älterwerdens, bei dem „Jahre versunken sind“ und das „spielende Kind“ zum „Manne“ wird. Die Metapher der „Jugend Bahre“ symbolisiert das Ende der Jugend und den Beginn eines ernsteren, nachdenklicheren Lebensabschnitts. Dieser Übergang ist von einer tiefen, existenziellen Schwere geprägt, die den Verlust der unbeschwerten Jahre markiert.
Im weiteren Verlauf des Gedichts wird das Gefühl des „seltsamen, unerklärlichen Bangens“ thematisiert, das den Sprecher erfasst, wenn er sich zunehmend von der Freude des Lebens entfernt fühlt. Das „schweigende Hassen des Lebens“ steht für die Entfremdung von der Welt und die schmerzhafte Erkenntnis, dass die Zeiten der Unbeschwertheit und des Glücks „dahingegangen“ sind. Die Bilder der „Rosen“, die nicht mehr so berauschend blühen, und der „Sterne“, die nicht mehr verheißungsvoll glühen, symbolisieren das schwindende Gefühl von Hoffnung und Begeisterung, das im Jugendalter so lebendig war. Alles, was einst faszinierte und begeisterte, scheint nun an Bedeutung und Zauber verloren zu haben.
In den folgenden Versen reflektiert der Sprecher über die vergeblichen Bemühungen und Wünsche („Flehn“), die nicht das versprochene Glück gebracht haben. Diese Enttäuschung führt zu einer tiefen Erkenntnis: „Dann wirst du eisig erschaudern, denn sehn / Wirst du, wieviel du verfehlt und versäumt hast!“. Der Sprecher erkennt, dass das Leben nicht den ersehnten Traum erfüllt hat und dass viele Chancen und Möglichkeiten ungenutzt geblieben sind. Es entsteht ein Gefühl der Resignation und des Bedauerns, das die vergangene Zeit mit einer gewissen Bitterkeit versieht.
Der Schluss des Gedichts markiert den endgültigen Verlust des jugendlichen Ideals und die Konfrontation mit der Realität des Erwachsenseins. „Dein Traum ist für immer vorbei!“ ist ein drastischer Ausdruck des Endes von jugendlichen Träumen und Hoffnungen. Die „kalten Tage“ symbolisieren die Zukunft, die nun von weniger glänzenden Erwartungen und mehr Realismus geprägt ist. Das „letzte Lachen“, das wie ein „Schrei“ klingt, ist der Höhepunkt dieser Erkenntnis – es ist kein fröhliches Lachen, sondern ein schmerzhafter Ausdruck der Enttäuschung und des Verlusts, der das Ende einer unbeschwerten Kindheit und das unaufhaltsame Herannahen des Erwachsenseins markiert. Das Gedicht spiegelt die existenzielle Angst und das Bedauern wider, die oft mit dem Verlust der jugendlichen Unschuld und dem Erwachsenwerden verbunden sind.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.