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Garten

Von

Besänftigender Winde Schritte
Sind in der Hecke auf der Wacht,
Von Laurin, Herrn der Jahresmitte
Und Herrn der Rosen, angefacht.

Es ist, sie fegen aus dem Garten,
Mit sommerheiterer Geduld,
Was weither weht: soviel des Harten,
Soviel der Qual, soviel der Schuld.

Soviel der Unschuld nährt im Engen
Das Feuer, menschenunerweckt;
Es kann davon die Hand versengen,
Was eine halbe Hand bedeckt.

Verwunschen stille Selbstgefühle,
Kokardenblume, Bärenklau.
Verschollner Gram und Ahnungskühle
Lavendelruch, Lavendelblau.

Gedanken viel im Eingedanken,
An Balsamquellen Schar bei Schar,
So spielen Sterne, Glocken, Ranken
Nach außen, was geist-innen war.

Entblättern Rosen mit dem Tage,
So scheinen sie alther zu schnein
Zu ihres bösen Königs Klage
Aus spitzem Dolomitgestein.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Garten von Oskar Loerke

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Garten“ von Oskar Loerke entfaltet sich als eine vielschichtige Betrachtung von Natur, Emotionen und den inneren Zuständen des Menschen. Zu Beginn wird der Garten durch „besänftigende Winde“ beschrieben, die als sanfte, beruhigende Kräfte wirken. Diese Winde sind „auf der Wacht“ und werden von Laurin, dem „Herrn der Jahresmitte“ und der „Rosen“, angestoßen. Laurin als mythologische Figur steht für eine Verbindung zu den Naturkräften und deren Einfluss auf den Verlauf der Jahreszeiten. Das Bild des fegenden Windes, der das „Harte“ und „die Qual“ aus dem Garten entfernt, symbolisiert eine reinigende, heilende Kraft, die über den Garten hinaus die Seele beeinflusst.

Im zweiten Teil des Gedichts wird die Kraft der „Unschuld“ thematisiert, die im „Engen“ gedeiht und das Feuer nährt. Es wird ein Gefühl der Dualität erzeugt, da dieses Feuer sowohl „versengen“ als auch „nähren“ kann. Es steht für eine Leidenschaft oder eine innere Hitze, die – auch wenn sie nur ein „halbes Hand“ bedeckt – eine starke Wirkung hat. Diese innere Kraft, die unbewusst oder unerkannte Gedanken und Gefühle speist, kann zerstörerisch sein, doch auch aus ihr erwachsen Möglichkeiten der Erneuerung und Transformation.

Die folgenden Verse lassen den Garten zunehmend als Metapher für innere Gefühle und Gedanken erscheinen. „Verwunschen stille Selbstgefühle“ und Pflanzen wie die „Kokardenblume“ oder der „Bärenklau“ deuten auf geheimnisvolle, mystische Elemente der Natur hin, die gleichzeitig die Komplexität menschlicher Empfindungen widerspiegeln. Die „Lavendelruch“ und das „Lavendelblau“ verstärken das Bild der verborgenen, emotionalen Tiefen. Diese Naturbilder symbolisieren Erinnerungen, unbewusste Ängste und unerkannte Wünsche, die unter der Oberfläche existieren und immer wieder an die Oberfläche treten.

In der letzten Strophe wird der Garten zu einem Raum der Entfaltung, in dem Gedanken und Emotionen sich „entblättern“ und in eine äußere Form finden. Die Rosen, die mit dem Tag entblättern, erscheinen wie ein Symbol für die Offenbarung von inneren Konflikten und Sorgen. Der „böse König“ und das „Dolomitgestein“ verweisen auf dunkle, vielleicht schmerzhafte Erinnerungen und Erfahrungen, die aus der Tiefe der Seele heraufkommen. Das Bild der Rosen, die aus dem „spitzen Dolomitgestein“ entstehen, ist ein Symbol für die Schönheit und den Schmerz, die untrennbar miteinander verbunden sind und in der menschlichen Erfahrung oft nebeneinander bestehen. Das Gedicht endet mit einer tiefen Reflexion über die Komplexität der inneren Welt, die durch den Garten als Metapher für die Seele ausgedrückt wird.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.