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Sonett 24

Von

Mein Auge hat als Malerin dem Schrein
Des Herzens deinem Bild den Platz gegeben,
Mein Busen schließt es gleich dem Rahmen ein,
Um Kunstgerecht des Malers Werk zu heben.
Und durch den Künstler kannst du nur die Stelle
Erspähen, der dein Bildnis ward vertraut;
Es hängt noch stets in meines Herzens Zelle,
Das Fenster sich aus deinen Augen baut.
Sieh wie die Augen freundlich sich vereinen;
Meins malte dich, und deines ward dafür
Zu meines Busens Fenster, durch das scheinen
Die Sonnenstrahlen lustig hin zu dir.
Eins fehlt dem Auge nur, sein wert zu schmücken:
Es malt die Form, das Herz bleibt fremd den Blicken.

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Gedicht: Sonett 24 von William Shakespeare

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Sonett 24“ von William Shakespeare erkundet die tiefgründige Verbindung zwischen Sehen, Fühlen und der inneren Repräsentation von Schönheit und Liebe. Das lyrische Ich beschreibt, wie sein Auge als Maler fungiert und das Bild des Geliebten in das Heiligtum seines Herzens einfügt, umrahmt von seiner Brust. Diese Metapher etabliert ein inneres Porträt, das über bloße visuelle Wahrnehmung hinausgeht und in den Bereich der Emotionen und des Geistes eindringt.

Die Augen des Geliebten werden ebenfalls zu Fenstern, die eine wechselseitige Verbindung ermöglichen. Durch sie kann das lyrische Ich in die Welt des Geliebten blicken und umgekehrt. Diese Spiegelung deutet auf eine tiefe Intimität und ein gegenseitiges Verständnis hin. Die „Sonnenstrahlen“, die durch diese Fenster scheinen, symbolisieren die Freude und das Glück, die aus dieser Verbindung entstehen und das Herz des Dichters erhellen. Das Gedicht hebt so die zentrale Rolle der Augen hervor, die sowohl als Instrumente der Wahrnehmung als auch als Brücken der emotionalen Verbindung fungieren.

Das abschließende Couplet offenbart eine subtile Einschränkung. Obwohl das Auge die äußere Form des Geliebten präzise wiedergeben kann, bleibt das Herz ein unzugängliches Gebiet. Es malt zwar die äussere Form ab, kann aber nicht erfassen, was im Herzen wirklich vor sich geht. Das bedeutet, dass die vollständige Erfassung und das vollkommene Verständnis des Geliebten eine Herausforderung darstellen. Diese Erkenntnis verleiht dem Gedicht eine zusätzliche Ebene der Komplexität und reflektiert die Grenzen der sinnlichen Wahrnehmung und des Ausdrucks von Gefühlen.

Insgesamt ist „Sonett 24“ eine kunstvolle Meditation über die innere Verankerung von Schönheit und Liebe, die durch die sinnliche Wahrnehmung und die metaphorische Kraft der Kunst vermittelt wird. Shakespeare verwebt gekonnt visuelle und emotionale Elemente, um eine vielschichtige Darstellung der Verbindung zwischen zwei Herzen zu schaffen, wobei er gleichzeitig die Grenzen der menschlichen Wahrnehmung und das Geheimnis des inneren Lebens anerkennt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.