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Dichter

Von

Nichts andres ist geblichen als zuweilen
Ein selbstgefundner Klang nur armem Mann.
Der Riss in meinem Leben heilt daran
Und manche Risse durch die Welten heilen.

Du große Sichel Wort! Du großer Rechen!
Mit einem Stöhnen alle Schmerzen stöhnen
Samt ihren Ahnen, ihren späten Söhnen!
Mit einem Worte alle Worte sprechen!

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Gedicht: Dichter von Oskar Loerke

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Dichter“ von Oskar Loerke reflektiert über die transformative Kraft der Sprache und das heilende Potenzial der Poesie. Zu Beginn stellt der Sprecher fest, dass der „selbstgefundene Klang“ – ein individueller, persönlicher Ausdruck – für den „armen Mann“ von Bedeutung ist. Dieser Klang steht als Metapher für die Poesie oder Kunst, die aus der eigenen Erfahrung hervorgeht und Trost spendet. Der „Riss in meinem Leben“ wird durch diesen Klang geheilt, was darauf hinweist, dass Kunst und Sprache eine heilende, vielleicht sogar kathartische Wirkung auf den individuellen Schmerz haben können. Es ist der Ausdruck des Dichters, der Wunden – sowohl persönliche als auch universelle – lindern kann.

Die zweite Strophe steigert sich in ihrer bildhaften Sprache, indem sie die poetische Kraft mit der „großen Sichel“ und dem „großen Rechen“ vergleicht. Diese Werkzeuge, die in der Landwirtschaft verwendet werden, können als Symbole für die Ordnung und Struktur verstanden werden, die die Poesie in das Chaos des Lebens bringt. Der Dichter wird hier als eine Figur dargestellt, die mit einem „Stöhnen alle Schmerzen stöhnen“ kann, und so die kollektiven Leiden der Menschheit anspricht. Indem der Dichter diese universellen „Schmerzen“ in Worte fasst, heilt er nicht nur seinen eigenen Schmerz, sondern auch den der „Ahnen“ und der „späten Söhne“ – also der Menschen in der Vergangenheit und Zukunft.

Das Gedicht endet mit einer kraftvollen Aussage: „Mit einem Worte alle Worte sprechen.“ Dies verdeutlicht die Macht der Sprache und des Dichters, der mit einem einzigen Wort eine ganze Welt von Bedeutung und Verbindung in Bewegung setzen kann. Die Poesie hat die Fähigkeit, nicht nur den persönlichen, sondern auch den kollektiven Schmerz der Menschheit auszudrücken und zu heilen. Loerke hebt die Rolle des Dichters als jemanden hervor, der mit seinen Worten die Wunden der Welt berühren kann, indem er die verborgenen und unausgesprochenen Ängste, Sehnsüchte und Leidenschaften anspricht. Das Gedicht zeigt auf, wie Poesie in der Lage ist, das Unaussprechliche zu artikulieren und eine heilsame Wirkung auf den Einzelnen sowie die Gemeinschaft auszuüben.

Loerke verbindet hier die kreative Kraft des Dichters mit einer fast magischen Fähigkeit, durch Sprache Heilung zu bringen. Der Dichter wird als eine Person dargestellt, die in der Lage ist, die tiefsten, ältesten Schmerzen zu erfassen und in eine universelle Sprache zu übersetzen, die uns alle miteinander verbindet. In der Kraft des „Klangs“ und des „Wortes“ liegt die Hoffnung auf Heilung und Verständnis.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.