Rastlos
Wie voll Hast
Alles rennt.
Für die Rast
Kein Moment.
Glücklos fühlt sich wer ein Glück in seiner Macht hat.
Unverweilt
Sonnenfern
Wieder eilt
Unser Stern
Wann zur Nähe seinen Zirkel er vollbracht hat.
Wie so bald,
Kühler Herbst,
Du den Wald
Gelb entfärbst
Der kaum fertig seine sommergrüne Tracht hat!
Schließe zu,
Deinen Schooß,
Knospe du.
Blätterlos
Bist du bälder als dein Kelch sich aufgemacht hat.
Spiele, Kind;
Denn der Ernst
Kommt geschwind
Und du lernst
Finster falten das Gesicht, das kaum gelacht hat.
Und so zeigt
Diese Welt
Nur was steigt
Oder fällt
Und in Schlaf sinkt wann es kaum scholl voll gewacht hat.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Rastlos“ von Wilhelm Jordan präsentiert eine melancholische Betrachtung über die Unbeständigkeit und das rasende Tempo des Lebens. Es entfaltet sich in fünf Strophen, die jeweils durch einen kurzen Reim geprägt sind und eine Beobachtung des menschlichen Daseins in Bezug zur Natur und zur Zeit festhalten. Die zentrale These ist die ewige Bewegung, das ständige Streben und der Mangel an Ruhe, was sowohl in der Natur als auch im menschlichen Leben zu finden ist.
In der ersten Strophe wird die allgemeine Hast und der Mangel an Ruhe direkt angesprochen. Das „Alles rennt“, ohne dass ein Moment der Rast gefunden wird, deutet auf ein Gefühl der Überforderung und der Jagd nach etwas Unbestimmtem hin. Die zweite Strophe vertieft das Thema, indem sie die Unaufhaltsamkeit der Zeit durch den metaphorischen Bezug auf den „Stern“ verdeutlicht, der unermüdlich seinen Kreislauf vollführt. Dieser Kreislauf, so der Wunsch, möge bald zur „Nähe“ gelangen, wodurch die Sehnsucht nach einem Zustand der Ruhe und Erfüllung ausgedrückt wird.
Die dritte und vierte Strophe verlagern den Fokus auf die Natur, insbesondere auf den raschen Wandel der Jahreszeiten. Der „kühle Herbst“ entfärbt den Wald schneller, als man es sich vorstellen kann, während sich die Knospe bereits verschließt, bevor sie sich vollends entfalten konnte. Diese Metaphern der Vergänglichkeit unterstreichen die Kürze des Lebens und die unaufhaltsame Veränderung, die alles erfasst. Die fünfte Strophe wendet sich direkt an das Kind, das zum Spiel aufgefordert wird, da der Ernst des Lebens „geschwind“ kommt. Hier wird eine deutliche Warnung vor der späteren Ernsthaftigkeit und der Fähigkeit, die Freuden des Lebens zu genießen, ausgesprochen.
Das Gedicht schließt mit einer resignierten Feststellung, dass die Welt hauptsächlich aus „Steigen“ und „Fallen“ besteht, wobei alles letztendlich einschläft, kaum erwacht. Diese Schlusszeile unterstreicht die Vergänglichkeit und das zyklische Prinzip, das das gesamte Gedicht durchzieht. Es ist ein melancholischer Blick auf die Realität, die sowohl die Freude als auch das Leid des menschlichen Daseins umfasst, und der Mangel an einem Zustand der bleibenden Ruhe im Fluss der Zeit. Jordan verwendet dabei eine einfache, bildhafte Sprache, um seine tiefgründige Botschaft zu vermitteln.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.