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Sehnsucht

Von

Ich ging den Weg entlang, der einsam lag,
Den stets allein ich gehe jeden Tag.
Die Heide schweigt, das Feld ist menschenleer;
Der Wind nur weht im Knickbusch um mich her.

Weit liegt vor mir die Straße ausgedehnt;
Es hat mein Herz nur dich, nur dich ersehnt.
Und kämest Du, ein Wunder wär’s für mich,
Ich neigte mich vor dir: ich liebe dich.

Und im Begegnen, nur ein einzger Blick,
Des ganzen Lebens wär er mein Geschick.
Und richtest du dein Auge kalt auf mich,
Ich trotze Mädchen dir: ich liebe dich.

Doch wenn dein schönes Auge grüßt und lacht,
Wie eine Sonne mir in schwerer Nacht,
Ich zöge rasch dein süßes Herz an mich
Und flüstre leise dir: ich liebe dich.

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Gedicht: Sehnsucht von Detlev von Liliencron

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Sehnsucht“ von Detlev von Liliencron drückt eine tiefe, unerfüllte Sehnsucht aus, die der Sprecher auf einem einsamen Weg empfindet. Die ruhige, fast trostlose Landschaft – die schweigende Heide und das menschenleere Feld – steht in starkem Kontrast zu den intensiven Gefühlen, die im Inneren des lyrischen Ichs brodeln. Der Wind, der nur im Knickbusch weht, verstärkt die Isolation des Sprechers, der von einer unerreichbaren Liebe träumt.

Das zentrale Motiv des Gedichts ist die Sehnsucht nach einer Person, die nicht greifbar ist. Die Wiederholung von „nur dich“ verdeutlicht, dass es einzig diese eine Person ist, die das Herz des Sprechers erobert hat. Die Vorstellung, dass ein Treffen oder gar ein Blick dieser Person das ganze Leben bestimmen würde, zeigt die Überhöhung der Liebe und die Hoffnung auf ein Wunder, das das Leben des Sprechers verändern könnte. Diese intensive Vorstellung von Liebe wird durch die Dringlichkeit und Wiederholung der Worte „ich liebe dich“ verstärkt.

Die unterschiedlichen Szenarien, die der Sprecher sich vorstellt – einmal ein trotziges „Ich liebe dich“ bei einem kalten Blick, dann das zärtliche Flüstern bei einem freundlichen Lächeln – spiegeln die Ambivalenz und die Unsicherheit in der Beziehung zu der geliebten Person wider. Es ist, als ob der Sprecher auf alle möglichen Reaktionen vorbereitet ist, sei es ein abweisender Blick oder ein einladendes Lächeln, und dennoch bleibt das Gefühl der Liebe konstant und unerschütterlich.

Am Ende des Gedichts verleiht die bildhafte Sprache, insbesondere das Bild der „Sonne in schwerer Nacht“, der Liebe eine erlösende und heilende Qualität. Diese Liebe, die in der Dunkelheit des Lebens zu leuchten scheint, hat die Macht, das Leben des Sprechers zu transformieren, auch wenn sie nur in seiner Fantasie existiert. Liliencron fängt in diesem Gedicht die Tiefe der Sehnsucht und die Entfaltung einer einseitigen Liebe auf eine kraftvolle, wenn auch schmerzvolle Weise ein.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.