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Einen Sommer lang

Von

Zwischen Roggenfeld und Hecken
Führt ein schmaler Gang;
Süßes, seliges Verstecken
Einen Sommer lang.

Wenn wir uns von ferne sehen,
Zögert sie den Schritt,
Rupft ein Hälmchen sich im Gehen,
Nimmt ein Blättchen mit.

Hat mit Ähren sich das Mieder
Unschuldig geschmückt,
Sich den Hut verlegen nieder
In die Stirn gerückt.

Finster kommt sie langsam näher,
Färbt sich rot wie Mohn;
Doch ich bin feiner Späher,
Kenn die Schelmin schon.

Noch ein Blick in Weg und Weite,
Ruhig liegt die Welt,
Und es hat an ihre Seite
Mich der Sturm gesellt.

Zwischen Roggenfeld und Hecken
Führt ein schmaler Gang;
Süßes, seliges Verstecken
Einen Sommer lang.

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Gedicht: Einen Sommer lang von Detlev von Liliencron

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Einen Sommer lang“ von Detlev von Liliencron beschreibt eine flüchtige, aber intensive Begegnung zwischen dem lyrischen Ich und einer geheimnisvollen Frau, die in einer idyllischen ländlichen Umgebung stattfindet. Der Sommer dient als Metapher für eine unbeschwerte, fast vergängliche Zeit der Nähe und des Spiels. Der schmale Gang zwischen Roggenfeld und Hecken, der die beiden Figuren führt, symbolisiert den engen, aber auch unsicheren Weg der Begegnung, der von Zurückhaltung und Geheimnissen geprägt ist.

Die Frau wird mit zarten, naturverbundenen Bildern beschrieben, wie das Rupfen von Hälmchen oder das Schmücken mit Ähren, was sie in eine unschuldige, fast kindliche Rolle versetzt. Ihr Verhalten ist zurückhaltend und zugleich verführerisch, was eine subtile Spannung zwischen den beiden aufbaut. Der Hut, der „verlegen“ in die Stirn gerückt wird, verstärkt diese Mischung aus Unschuld und schelmischer Verlegenheit, die sie ausstrahlt.

Die Beschreibung der Annäherung wird von einem zunehmenden Bewusstsein des lyrischen Ichs begleitet. Es wird klar, dass er nicht nur die äußeren Bewegungen der Frau beobachtet, sondern auch ihre inneren Absichten durchschaut, was durch die Zeile „Doch ich bin feiner Späher“ zum Ausdruck kommt. Der „Sturm“, der sich an ihre Seite gesellt, deutet auf die aufkommende Leidenschaft oder ein unkontrollierbares Gefühl hin, das das Szenario zwischen den beiden charakterisiert.

Am Ende des Gedichts bleibt die Begegnung unvollständig und unerklärt, der Kreis schließt sich mit der Wiederholung des ersten Verses. Die scheinbare Unschuld und das Spiel der Verführung verschwimmen, und der Sommer, als Symbol für die flüchtige Freude und das unvollständige Abenteuer, geht zu Ende. Liliencron fängt hier die vergängliche, aber eindrucksvolle Natur von Sommerromanzen und die subtilen Spiele menschlicher Interaktionen ein.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.