Du wirst bleiben, so lange Musik und melodischer Wohllaut
Dein entzückendes Welsch noch sich zur Wiege bestimmt,
Und so lange die Lieb′ in zärtlichem Feuer die Sprache
Der Musik, und des Reichs lieblicher Töne sich wählt.
Aber Homer, er gefällt mir schon nicht im Virgil, wie gefiele
Darum in deinem Gedicht, Tasso, mir gar nun Virgil?
Tasso
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Tasso“ von Wilhelm Friedrich Waiblinger ist eine poetische Reflexion über die Beständigkeit der Kunst und die persönliche Vorliebe des Sprechers für unterschiedliche literarische Stile. Es beginnt mit einer Feststellung der Unvergänglichkeit des Werkes des Dichters Tasso, solange die Musik und der „melodische Wohllaut“ weiterhin das „entzückende Welsch“ – also die italienische Sprache – in den Schlaf wiegen und solange die Liebe die Musik als Ausdrucksform ihres Gefühls wählt. Dies deutet auf eine Wertschätzung der lyrischen Qualitäten von Tassos Werk, insbesondere in Bezug auf seine musikalische und emotionale Ausdruckskraft. Die ersten beiden Verse etablieren eine Verbindung zwischen Tassos Dichtung, der Musik und der Liebe, wodurch seine Kunst als etwas Ewiges und Bleibendes dargestellt wird.
Die zweite Hälfte des Gedichts offenbart jedoch eine Verschiebung der Präferenz des Sprechers. Er äußert eine gewisse Skepsis oder sogar Ablehnung gegenüber der Ähnlichkeit Tassos mit Virgil, einem anderen bedeutenden Dichter der Antike. Die Frage „Aber Homer, er gefällt mir schon nicht im Virgil, wie gefiele Darum in deinem Gedicht, Tasso, mir gar nun Virgil?“ deutet darauf hin, dass der Sprecher Homer bevorzugt und die vermeintliche Nähe zwischen Virgil und Tasso als etwas Negatives empfindet. Dies könnte darauf hindeuten, dass der Sprecher eine Vorliebe für einen bestimmten Stil hat, der in Tassos Werk möglicherweise nicht so ausgeprägt ist wie in dem von ihm bevorzugten Dichter Homer.
Die Frage im Schlussvers stellt somit die Wertschätzung Tassos in Frage und deutet auf eine persönliche, subjektive Beurteilung der Kunst. Der Sprecher scheint seine Präferenz für einen bestimmten poetischen Stil zu unterstreichen, der in Tassos Werk möglicherweise nicht so stark vertreten ist. Es ist ein Bekenntnis zur individuellen Geschmacksrichtung des Sprechers. Das Gedicht beleuchtet damit das Spannungsfeld zwischen der allgemeinen Wertschätzung eines Künstlers und der subjektiven Wahrnehmung und dem persönlichen Geschmack des Einzelnen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Waiblingers „Tasso“ ein kurzes, aber bedeutungsvolles Gedicht ist, das die Schönheit und Unvergänglichkeit der Kunst feiert, aber gleichzeitig die persönliche Natur der künstlerischen Wertschätzung betont. Es ist ein Appell, die Kunst zu genießen, aber sich auch seiner eigenen Vorlieben und dem Einfluss des persönlichen Geschmacks auf die Bewertung von Kunstwerken bewusst zu sein. Die Gegenüberstellung von Tasso und Virgil im letzten Vers wirft ein Licht auf die Vielfalt der literarischen Stile und die individuellen Präferenzen, die Leser in der Kunst finden können.
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